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Community => Rollenspiel-Smalltalk => Thema gestartet von: boeseMuh am 17. Juli 2020, 07:43:46

Titel: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: boeseMuh am 17. Juli 2020, 07:43:46
Ich hab gestern einen Podcast gehört, bei dem beiläufig erwähnt wurde, warum der Disziplin-Skill so gut ist. Nämlich, weil er die Schwierigkeit für Befehlsproben gegen deinen Charakter erschwert.

Die Details sind eigentlich unerheblich für meine draus resultierende Frage:

Habt ihr schonmal Überreden, Täuschen, Einschüchtern etc. gegen einen Spielercharakter gewürfelt?

Wenn ein SC einen NSC überreden will, wird natürlich gewürfelt.
Im umgekehrten Fall hab ich das seltsamer Weise noch nie getan. Hat was mit Spielerautonomie zu tun und so. Der Spieler will ja entscheiden können, ob die Argumente des NSC logisch sind oder nicht.

Nach hören des Podcasts überlege ich aber, ob man das nicht mal ausprobieren sollte.

Dann würfelt der König, der die Helden zur Rettung seiner Tochter motivieren will auf Überreden gegen die Willenskraft der Helden und bei Erfolg denken die dann: „Super, machen wir“.

Oder der Trickbetrüger würfelt auf Lügen und bei Erfolg kauft der Held den „magischen“ Ring.

Grundsätzlich ist es ja schon seltsam, warum dieser Teil sozialer Konflikte auf die Meta-Ebene abgewälzt wird.

Wie seht ihr das?
Lasst ihr eure NSCs solche Proben machen?
Hättet ihr als Spieler damit Probleme?


Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Avalia am 17. Juli 2020, 09:11:00
Wenn der Spielleiter eine solche Probe liefert, entsteht daraus meist ein Spielangebot.

Ein schmackhaft gemachter magischer Ring kann ja auf vielen Wegen enden ...
... ein Auftrag, der für denjenigen erledigt wird (yay, Side Quests)
... der Versuch ein wenig Geld aufzutreiben oder zumindest mit dem Rest der Gruppe zu diskutieren, warum das Ding eine gute Anschaffung ist.
... einen magischen Charakter zu bitten einen zweiten Blick darauf zu werfen, ob das denn wirklich so ist wie angepriesen.
... der Diebstahl eines magischen Rings  >:D

Das plumpe "er will mir den verkaufen, also kaufe ich den jetzt auf der Stelle" ist auch eine Möglichkeit damit umzugehen, aber vermutlich die langweiligste.

Ich finde soziale Proben gegen SCs in Ordnung, wenn ...
... sie in Maßen eingesetzt werden
... den Spielfluss der Gruppe nicht zerstören
... die Gruppe/den Charakter nicht ausweglos in die Sch... reiten
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Loki am 17. Juli 2020, 09:25:07
Da stimme ich Avalia zu.

Generell ziehe ich als Spielleiter eine Grenze da, wo der NSC auch mit den besten Überredungs-Künsten etwas Bestimmtes niemals machen würde  - da dürfen die SC dann halt auch gar nicht erst würfeln. Egal, ob es jetzt der Verführungsversuch eines Keuschheit schwörenden Ritters oder das Preisgeben eines weltuntergangs-entscheidenden Geheimnisses durch einen Kultistenführer ist. Umgekehrt gilt das natürlich genauso: Ein NSC wird niemals den gerechten, noblen Ritter dazu überreden können, einen simplen Auftragsmord durchzuführen. Während ich als Spielleiter für aber für die NSC entscheiden kann, wo sie die Grenze ziehen, kann ich das für die SC natürlich nicht machen. Dementsprechend ist ein entsprechender Manipulationsversuch immer mit einer Frage an den Spieler auf der Meta-Ebene gerichtet, ob er meint, dass sein Charakter so etwas überhaupt tun würde. Da ich ungern meine Spieler aus dem Geschehen reiße und auf die Meta-Ebene zerre, lasse ich sowas in den meisten Fällen dann ehrlich gesagt ganz bleiben, außer wenn es wirklich Kleinigkeiten sind wie die Sache mit dem "magischen" Ring. So etwas kann, wie Avalia ja schon schrieb, jede Menge Spiel innerhalb der Gruppe generieren, sodass ich mir da sicher sein kann, dass das nicht negativ aufgefasst wird (vor allem wenn der Charakter sowieso als willensschwach und leicht zu beeinflussen dargestellt wird, dann braucht es oft nichtmal einen Wurf, sondern nur die direkte Ansprache des Händlers über die angeblichen Vorzüge des "magischen Rings von T'zak"...).

Ein anderes Kapitel ist übrigens, wenn ein SC gegen einen anderen SC würfelt, zum Beispiel um ihn zu einem gemeinsamen Einbruch in ein Haus oder ähnliches zu überreden. In solchen Situationen halte ich mich als SL vollkommen raus.

LG
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Iskierka am 17. Juli 2020, 09:32:09
Ich nutze eher die passiven werte der Gegenspieler und lasse die spieler würfeln z.B. Wenn sie mit einem Händler über einen gefälschten magischen Ring verhandeln würfeln sie gegen dessen passive Deception als DC, vorteil Expertise usw kann man damit auch ausdrücken.

Aber klar etwas unmögliches wird nie gewürfelt. Warum auch.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Onkel Kahin am 17. Juli 2020, 09:41:50
"Spielerautonomie" wird leider bei vielen Situationen regelrecht als Totschlagargument missbraucht. Sei es nun bei Einfluss/Herrschafts-Magie oder so profanen Dingen wie Gesellschaftsproben.

Spieler beanspruchen hier gerne, quasi außerhalb der Welt zu stehen, da ihre Charaktere ja Spielerhelden sind und nicht nur "Personen in der Welt". Allein an der Formulierung wird schon das Problem deutlich: Spieler beanspruchen Selbstbestimmung in Bereichen, in denen die Spieler selbst nicht einmal real die Kontrolle über ihre Reaktion haben. Entsprechend sehe ich hier kein zulässiges Argument, warum nicht auch Helden überredet, bedroht oder gar verzaubert werden können.

Genau dafür gibt es Talentrpoben und Zauberproben. Oder muss der SL ein Meisterrhethoriker sein, damit er einen Helden zu etwas bewegen kann? Vor allem bei naiven Helden mit Menschenkenntnis und/oder Überreden auf quasi-nonexistent: Nein muss er nicht.

Ansonsten möchte ich auch Charakterautonomie für meine NSCs... und dann wird es lächerlich.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: boeseMuh am 17. Juli 2020, 09:54:45
Es ist von dir vielleicht etwas harsch formuliert, aber in die Richtung geht meine Überlegung auch.

Wenn ich nen Einfallspinsel oder Feigling spiele sollten die Charakterwerte auch mit Konsequenz genutzt werden.

Sonst kann man solche Skills dumbstatten oder ein Spieler, der darein investiert hat, fühlt sich betrogen.

Sprich: wenn es solche defensiven Sozialskills gibt, sollten sie auch genutzt werden. (Natürlich im rechten Maß)
Sonst sollte man sie einfach weglassen.

Und es gibt mir die Möglichkeit, gegen vorlaute Spieler, wenn sie auch vor dem Herrscher der 7 Unterwelten nicht ihre dummen Witze lassen können, eine Einschüchternprobe zu würfeln und zu sagen: du hast Angst. Du redest grad nicht!
(Wenn es dazu kommen sollte liegt wahrscheinlich einiges anderes im Argen, aber das Fass mach ich jetzt nicht auf)
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Eukaryot am 17. Juli 2020, 09:58:56
Für mich gehört die Entscheidungsfreiheit der Spieler über die Worte und Taten ihrer Charaktere zu den bestimmenden Eigenschaften des Rollenspiels, deshalb würfle ich in der Regel keine sozialen Proben gegen Spielercharaktere. Selbst in Systemen, die Fertigkeiten wie "Empathie", "Psychologie" oder "Motiv erkennen" haben, setze ich normalerweise lieber eine passive Schwierigkeit für den Wurf der Spieler, als mit den NSCs auf "Täuschen" oder dergleichen dagegen zu würfeln.

Vereinzelt kommt es vor, dass Spieler mich fragen, ob sie soziale Fertigkeiten gegen andere Spielercharaktere einsetzen können. Das lasse ich gerne zu, unter der Auflage, dass es dem Spieler des beeinflussten Charakters obliegt, die Bedeutung des Ausgangs zu interpretieren. Ich lasse auf keinen Fall zu, dass ein anderer Spieler die Handlung eines fremden Spielercharakters bestimmt. In Systemen, die diesen Stil unterstützen, ermutige ich sogar zum Nutzen sozialer Würfe gegen andere Spielercharaktere. In einigen PbtA-Spielen erhält ein Charakter zum Beispiel Erfahrung und/oder einen Bonus, wenn er nach einem erfolgreichen Überzeugen-Wurf auf den Vorschlag eingeht. Damit hat der soziale Wurf Bedeutung und schafft Anreize, entzieht dem Spieler aber nicht die Entscheidungsgewalt über seinen Charakter. Das ist für mich persönlich die beste Lösung! :)

Zum Thema nicht ausgespielter Schwächen bevorzuge ich Systeme, die Spieler für schlechte Entscheidungen ihres Charakters belohnen. Zum Beispiel Fate-Punkte fürs Reizen oder Stilpunkte für Schwächen in Ubiquity. Und wenn es ein Spiel ist, in dem Schwächen keine konkreten Regelmechanismen haben, liegt es für mich in der Verantwortung der Spieler, sie angemessen auszuspielen!
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Onkel Kahin am 17. Juli 2020, 10:01:55
Es ist von dir vielleicht etwas harsch formuliert, aber in die Richtung geht meine Überlegung auch.

Wenn ich nen Einfallspinsel oder Feigling spiele sollten die Charakterwerte auch mit Konsequenz genutzt werden.

Sonst kann man solche Skills dumbstatten oder ein Spieler, der darein investiert hat, fühlt sich betrogen.

Sprich: wenn es solche defensiven Sozialskills gibt, sollten sie auch genutzt werden. (Natürlich im rechten Maß)
Sonst sollte man sie einfach weglassen.

Und es gibt mir die Möglichkeit, gegen vorlaute Spieler, wenn sie auch vor dem Herrscher der 7 Unterwelten nicht ihre dummen Witze lassen können, eine Einschüchternprobe zu würfeln und zu sagen: du hast Angst. Du redest grad nicht!
(Wenn es dazu kommen sollte liegt wahrscheinlich einiges anderes im Argen, aber das Fass mach ich jetzt nicht auf)


Ich bin da generell ein großer Freund von Mut-Proben. Ich lasse meine Spieler durchaus auch mal auf Mut würfeln, wenn sie einem einschüchternden Gegner (z.B. einem wilden Bären) gegenübertreten.

Allerdings hat DSA4.1 (meiner Meinung nach) tatsächlich auch das passende Talent für solche Dinge, worauf ich hier deutlich lieber proben lasse: Selbstbeherrschung mit (MU/MU/KL) gemäß WdS, als "Selbstbeherrschung gegen geistige Reize" (wie etwa Angst, etc)

Für mich gehört die Entscheidungsfreiheit der Spieler über die Worte und Taten ihrer Charaktere zu den bestimmenden Eigenschaften des Rollenspiels, deshalb würfle ich in der Regel keine sozialen Proben gegen Spielercharaktere. Selbst in Systemen, die Fertigkeiten wie "Empathie", "Psychologie" oder "Motiv erkennen" haben, setze ich normalerweise lieber eine passive Schwierigkeit für den Wurf der Spieler, als mit den NSCs auf "Täuschen" oder dergleichen dagegen zu würfeln.

Vereinzelt kommt es vor, dass Spieler mich fragen, ob sie soziale Fertigkeiten gegen andere Spielercharaktere einsetzen können. Das lasse ich gerne zu, unter der Auflage, dass es dem Spieler des beeinflussten Charakters obliegt, die Bedeutung des Ausgangs zu interpretieren. Ich lasse auf keinen Fall zu, dass ein anderer Spieler die Handlung eines fremden Spielercharakters bestimmt. In Systemen, die diesen Stil unterstützen, ermutige ich sogar zum Nutzen sozialer Würfe gegen andere Spielercharaktere. In einigen PbtA-Spielen erhält ein Charakter zum Beispiel Erfahrung und/oder einen Bonus, wenn er nach einem erfolgreichen Überzeugen-Wurf auf den Vorschlag eingeht. Damit hat der soziale Wurf Bedeutung und schafft Anreize, entzieht dem Spieler aber nicht die Entscheidungsgewalt über seinen Charakter. Das ist für mich persönlich die beste Lösung! :)

Zum Thema nicht ausgespielter Schwächen bevorzuge ich Systeme, die Spieler für schlechte Entscheidungen ihres Charakters belohnen. Zum Beispiel Fate-Punkte fürs Reizen oder Stilpunkte für Schwächen in Ubiquity. Und wenn es ein Spiel ist, in dem Schwächen keine konkreten Regelmechanismen haben, liegt es für mich in der Verantwortung der Spieler, sie angemessen auszuspielen!

Naja... genaugenommen sind solche passiven Erschwernisse ja meistens auch nichts anderes, als eine aktive Erschwernis auf Grundlage der gelungenen Probe des Gegenübers.
Oder wie meinst du das?


2 Beispiele: (mal beide aus DSA, weil Midgard 4 kennt eh keiner mehr xD )


1. Heldengruppe wird von Schurke Alrik provoziert, ihre Mütter/Väter beleidigt und ihnen Dinge mit Tieren unterstellt, wo selbst Belkelel die Augenbraue hebt.
Der tapfere Krieger der Gruppe möchte jetzt nicht darauf eingehen und "cool bleiben": Kann er das? Wenn ja: Womit?

2. In der Taverne versucht der süße Schankknecht die Magierin zu verführen. Diese hat in der Heimat aber eigentlich einen Verlobten. Wie agierst du hier?
Andersherum wäre es ja ganz klar eine Betören-Probe, die mit Menschenkenntnis gekontert werden kann.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Duck am 17. Juli 2020, 10:09:42
Wenn NSC Spieler beeinflussen sollen, finde ich den Zuckerbrot-und-Peitsche-Ansatz aus PbtA-Spielen ganz interessant (Beispiel aus Apocalypse World 2E*):
Zitat
When you try to seduce, manipulate, bluff, fast-talk, or lie to someone, tell them what you want them to do, give them a reason, and roll+hot. For PCs: on a 10+, both. On a 7–9, choose 1:
• If they go along with you, they mark experience.
• If they refuse, erase one of their stat highlights for the remainder of the session.
What they do then is up to them.

*Ich weiß, dass dieser Move in Apocalypse World streng genommen nur von SC gegen NSCs oder andere SC ausgeführt werden kann, aber den Ansatz finde ich auch für die Beeinflussung von SC durch NSC passend.

Durch diese Mechanik behält der Spieler die Autonomie über die Gedanken seines SC (was aus meiner Erfahrung vielen Spielern wichtig ist, sei es aus Immersions- oder anderen Gründen), aber er hat einen klaren Anreiz, der Bitte oder Forderung des NSC zu entsprechen.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Timo am 17. Juli 2020, 10:18:40
Hi,

An sich tue ich das nicht. Wobei ich gelegentlich vergleichende Proben auf Feilschen verlange, wenn es um Preise oder Belohnungen geht. Aber ich habe schon mal kalte Füße dabei bekommen. Ein schlechter Meta-Gamer kann nämlich sagen: „Für das Geld machen wir den Auftrag einfach nicht.“ und dann stehe ich als Spielleiter vor der Wahl, meine Vorbereitungszeit in den Sand zu setzen, indem der NPC den Auftrag an jemand anderes vergibt, oder mit der Belohnung doch noch nach oben zu geben, was die Immersion stört, weil der NPC sich unlogisch verhält.

(Mit schlechter Meta-Gamer meine ich hier nicht nur Power-Gamer, die das spielmechanische Maximum aus allem herausholen wollen, sondern auch Charakter-Spieler, die ihre Charaktere so designt haben, dass ihre immersiven Entscheidungen frontal gegen den Gruppenkonsens gehen)

Warum ich mich so entscheide:
Ich gebe als Spielleiter schon oft genug äußere Widersacher, Limitationen,  potentielle Helfer und Gelegenheiten vor. Wenn ich noch das Innere übernehme, was bleibt dann für die Spieler übrig außer der Charaktererschaffung? Und zu sagen: „Pech für den Charakter, aber wir spielen eine Simulation und er hat eben niedrige sozialen Verteidigungswerte.“ halte ich für kein Argument. In solchen Spielsystemen gibt der Spielleiter die Werte für die NPCs vor und außerdem wann und wie oft solche Proben erfolgen. Im Durchschnitt kriegt der Spielleiter also seinen Willen.

Grüße,
Timo.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: boeseMuh am 17. Juli 2020, 10:21:27
@Eukaryot: das war bisher auch immer meine Philosophie, Proben SC gegen SC hab ich nur auf ausdrückliches Einverständnis des „Opfers“ erlaubt. Daher war ich ja auch so überrascht von defensiven Sozialskills auf Spielerseite.

@Duck: Das ist ein interessanter Einwurf. Ich probiere mal was in die Richtung aus: Bei Misserfolg des NSCs kann der SC entscheiden wie er reagiert. Bei Erfolg des NSC kann der SC immer noch entscheiden, aber wenn er nicht im Sinne des NSC reagiert muss er bezahlen. (Mit geistiger Erschöpfung oder was weiß ich).

In Kahins Beispiel kann die Magiern so trotzdem ihrem Verlobten treu bleiben, bezahlt aber mit Erschöpfung. So hat man die Autonomie auf Spielerseite und trotzdem Relevanz des Skills.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Eukaryot am 17. Juli 2020, 12:06:01
Naja... genaugenommen sind solche passiven Erschwernisse ja meistens auch nichts anderes, als eine aktive Erschwernis auf Grundlage der gelungenen Probe des Gegenübers.
Oder wie meinst du das?

Wenn ich als Spielleitung vermeiden kann, zu würfeln, dann tue ich das. Also anstatt einen SC gegen einen NSC würfeln zu lassen, lasse ich den SC gegen eine von mir angesagte Schwierigkeit würfeln. Wenn ich den NSC für kompetent halte, ist die Probe dann halt schwieriger, als wenn ich ihn für inkompetent halte. Wenn es also darum geht, ob ein SC die Lüge oder Täuschung eines NSCs durchschaut, dann lasse ich den SC auf "Empathie", "Psychologie" oder wie auch immer die Fertigkeit gerade heißt, würfeln! ;)

2 Beispiele: (mal beide aus DSA, weil Midgard 4 kennt eh keiner mehr xD )

Ich antworte jetzt mal mit Beispielen aus Systemen, die ich kenne, weil ich weder DSA noch Midgard spiele! ;D

1. Heldengruppe wird von Schurke Alrik provoziert, ihre Mütter/Väter beleidigt und ihnen Dinge mit Tieren unterstellt, wo selbst Belkelel die Augenbraue hebt.
Der tapfere Krieger der Gruppe möchte jetzt nicht darauf eingehen und "cool bleiben": Kann er das? Wenn ja: Womit?

Das hängt jetzt ganz vom Spielsystem und den Werkzeugen, die mir das mitgibt ab, wie ich die Situation als Spielleitung handhabe. Wenn wir Fate spielen, könnte das ein geistiger Konflikt sein. Dann würfelt der Schurke Alrik einen Angriffswurf mit Provozieren und der tapfere Krieger verteidigt sich mit Wille. Wenn der Krieger scheitert, erleidet er auf regeltechnischer Ebene geistigen Stress oder geistige Konsequenzen. Ich diktiere ihm aber nicht, wie er sich in der Erzählung verhält, das erzählt der Spieler.

Hat der tapfere Krieger jetzt aber das Dilemma "Jähzornig", dann verzichte ich wahrscheinlich auf den geistigen Konflikt, sondern reize lieber diesen Aspekt. "Meinst du nicht, dass dein tapferer Krieger die schlechte Entscheidung treffen würde, hier eine Schlägerei zu beginnen?" Dann hat der Spieler die Wahl, das Reizen anzunehmen und einen Fatepunkt zu bekommen. Oder er kann das Reizen ablehnen und einen Fatepunkt abgeben. Solange er noch zumindest einen Fatepunkt hat, diktiere ich dem Spieler nicht, wie er sich entscheidet. Und wenn er seinen letzten Fatepunkt schon ausgegeben hat, dann hat er damit bereits die Entscheidung getroffen, sich dem Reizen der SL schutzlos auszusetzen.

Ähnlich wäre es, wenn ich Ubiquity spiele und der SC eine entsprechende Schwäche hat. Wenn er dann etwas Dummes tut, bekommt er einen Stilpunkt. Wenn er sich entscheidet, nichts Dummes zu tun, bekommt er halt keinen. Und wenn er keine entsprechende Schwäche hat, dann spiele ich die Szene aus, lasse Alrik ihn beleidigen und überlasse es komplett dem Spieler, wie er darauf reagiert. Genau so handhabe ich das auch in Rollenspielen, die mir keine besseren Mittel mitgeben. Würde ich DSA leiten, würde ich es also vermutlich auch genau so handhaben.

2. In der Taverne versucht der süße Schankknecht die Magierin zu verführen. Diese hat in der Heimat aber eigentlich einen Verlobten. Wie agierst du hier?
Andersherum wäre es ja ganz klar eine Betören-Probe, die mit Menschenkenntnis gekontert werden kann.

Hier mache ich es genauso. Wenn wir Fate spielen und die Magierin einen Aspekt wie "Unglücklich verlobt" oder "Steht auf süße Schankknechte" hat, dann reize ich den. Ansonsten spiele ich die Szene aus und überlasse dem Spieler die Entscheidung darüber, wie der SC sich verhält. Ich persönlich bin der Meinung, dass ein Spieler selbst am besten weiß, wie sein Charakter sich in einer Situation verhalten würde. Das ist für mich ein Teil des Spaßes am Rollenspiel. Herauszufinden, was passiert. Jedes Mal, wenn ich in die Handlungen eines SCs eingreife, mache ich das Spiel für mich persönlich langweiliger! ;)
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Iskierka am 17. Juli 2020, 12:37:19
So jetzt hab ich die Gelegenheit noch mal ausführlicher zu schreiben.
Generell spiele ich am liebsten mit solchen Spielern, die von sich aus, auch mal nachteilige Entscheidungen treffen wenn es zum Charakter passt.

Ansonsten würfel ich als SL nur in Kämpfen und auf Zufälle / NPC Verhalten, sowie wenn sich Gegner anschleichen.

Um mal meine Lösungen der hier auftauchenden Beispiele zu zeigen:
Der Verkäufer will der Gruppe einen nicht magischen Ring als Magisch andrehen.
Da der NPC lügt ist es für ihn Deception und der Konter der Spieler ist Insight. Ich lasse hier den Wortführer der Spieler verdeckt auf Insight würfeln (sie erfahren ihr Ergebnis also nicht).  Der DC ist dabei das passive Deception des NPC (10 + Eigenschaftsmod+Prof.B+Situationsmods).
Wenn der Spieler es schafft erfährt er, dass der Verkäufer sie übers Ohr hauen will, wenn er es nicht schafft denkt er der Ring ist echt.
Sollte er Detect Magic wirken sieht er es natürlich in jedem Fall.

Wenn die Gruppe böse Provoziert wird, wäre es ein Wisdom Save, dem jeder für sich würfelt. Je nachdem was die CharakterEigenschaften sind ggf mit Vor oder Nachteil. Der DC richtet sich nach dem passivem Performance des NPC.
Das lasse ich aber nur würfeln, wenn ich das Gefühl habe, die Spieler reagieren von sich aus nicht angemessen.
Beim Scheitern müssen sie dann entsprechend reagieren. Das wie überlasse ich aber dem Spieler.

Wenn die Gruppe eingeschüchtert werden soll, ebenso nur mit Passivem Intimidation.
Bei beiden kann ich mir aber auch Charisma saves vorstellen.

Kniffliger ist es mit dem Überredungsversuch eines NPC gegen die Spieler. Das versuche ich meist zu rollenspielen und dabei die Schwächen bzw den Hintergrund des Charakters einzubinden. Für das ausspielen des Charakters gibt es halt Inspiration.

Standard konter in Sozialen Situationen sind halt Wisdom Saves und Insight Würfe oder Charisma Saves. Das Gute in DnD ist ja, jeder darf alles würfeln. Manchmal ist man darin eben besser oder Schlechter.

Spieler untereinander lasse ich nur in Bezug auf Verheimlichen und verbergen würfeln. Alles andere müssen sie rein mit rp lösen.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Marashar am 17. Juli 2020, 13:27:48
Ich bin ein Freund davon, auch bei sowas vergleichende Würfe zuzulassen. Warum? Dem DM, der schon einen Arbeitstag hinter sich hat, 20 Regeln und 15 NPCs im Kopf haben muss und der gerade überlegt, wie man die coole Hintergrundgeschichte von Char B auch noch anspielen kann, wird sonst einfach zuviel aufgebürtet.

Die anderen Spieler wissen ja nicht automatisch, ob man z. B. jetzt gerade unglaubwürdig wirkt, weil man schlecht improvisiert oder der NPC so offensichtlich ist. Bei NPCs, die eine gute Überzeugungsgabe haben, ist es noch schlimmer: Wenn man sie zu glaubwürdig darstellt, haben die Spieler keinen Hinweis darauf, dass es hier etwas nachzufragen gibt. Paranoide Spieler fragen dann bei allem nach, nette wollen den Spielfluß nicht aufhalten und nehmen es für bare Münze. Das hat dann gar nichts mehr mit den Charakteren zu tun. Es wird also hier dem DM wahnsinnig aufgebürtet, auf der Meta-Ebene genau die richtigen Hinweise zu geben, die nicht die Charaktere, sondern die Spieler korrekt verstehen (und wenn ein Spieler diese Hinweise nicht mitbekommt, sein Char aber gerade hier einen herausragenden Wert hat, dass dann auch zu wissen und ggf. nochmals nachzuhaken).

Das ist extrem anstrengend und läßt die gesamte Last beim DM, der entweder weit besser sein muss, als ich es bin, oder im Zweifelsfall sehr viel Text darauf verwenden muss ("der NPC wirkt wirklich sehr überzeugend/einschüchternd/überzeugend, wenn man die Hintergründe nicht kennt/etc."), was unheimlich die Immersion stören kann, weil es die Meta-Ebene sehr deutlich macht. Für mich als Spieler ist es auch langweilig. Da finde ich es weit einfacher und spannender, die Spieler im Zweifelsfall würfeln zu lassen oder selbst verdeckt zu würfeln, mit der entsprechenden Fähigkeit des NPC gegenzuwürfeln und den Spielern dann einzeln per PM ihre jeweiligen Eindrücke zu geben.

Spielerautonomie ist es, seine Werte frei zu verteilen, aber mit den Werten und dem Würfelwurf zu leben, ist für mich Teil des Rollenspiels und das, was es als Spieler und DM interessant macht (was ja auch ein gewisser Aspekt ist). Klar sollen die Helden nicht als Idioten dastehen, aber wer zum Beispiel einen sehr niedrigen Wert in Insight hat, glaubt halt viel und gibt damit anderen Charakteren aus der Gruppe die Chance, mit ihrem hohen Insight effektiv die Gruppe zu retten - Ganz geschweige davon, dass so etwas meist zu schönem Rollenspiel in der Gruppe führt. Aber hin und wieder kann er eben auch einmal zufällig brilliant sein - und gibt damit gleich ganz neue Ansätze zum Rollenspielen.

Nur zur Klarstellung: Ich rede hier von Eindrücken, die nicht bewußt kontrollierbar sind - "der NPC flößt dir große Angst ein" - nicht von Eingriffen in die Handlungsautonomie. Ob der Spieler dann rennt, in der Ecke kauert oder die Kette mit dem Bild seiner Verlobten umklammert und alle Kräfte zusammennimmt und versucht, der Angst zu widerstehen, das bleibt natürlich allein dem Spieler überlassen.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Lord Verminaard am 17. Juli 2020, 14:46:27
Aus meiner Sicht ist das ein absolutes No-Go, als Spieler entscheide ich, was mein Charakter denkt und will, genau das definiert meine Rolle. Das ist die eine Sache, bei der mir keiner reinreden soll. Schon gar kein Spielleiter, der mir nicht zutraut, meinen Charakter "richtig" zu spielen. Wie mein Charakter "richtig" gespielt wird, entscheide ich. Dass ich dabei Rücksicht auf den Spielspaß meiner Mitspieler nehme, ist für mich eine Selbstverständlichkeit, aber das ist meine Entscheidung und nicht die von sonst irgendwem. Wenn mir nicht gefällt, wie jemand seinen Charakter spielt, dann kann ich das ansprechen oder ggf. eben nicht mit der Person spielen, aber das Problem auf Ebene der Spielregeln zu lösen, da liegt kein Segen drauf.

Natürlich ist das asymetrisch. Der SC darf würfeln, ob er den NSC überzeugt, der NSC aber umgekehrt nicht. Das ist okay, denn die Rollenverteilung von Spielleiter und Spielern ist ebenfalls asymetrisch. Es ist aus gutem Grund so, und es funktioniert ja auch.

Sonst ist man irgendwann an dem Punkt, den wohl niemand will: "Der NSC hat seine Verführen-Probe geschafft, du gehst jetzt mit dem aufs Zimmer."
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Ravno am 17. Juli 2020, 15:27:22
“ja und dann überredet dich der Händler das du den Ring kaufst.“

Liebe sl bist du heute vielleicht auf den Kopf gefallen ? Geht es dir gut , komm leg dich auf die Couch und ich hol dir einen Kräutertee.

“ich überrede den Händler mir den Ring zu geben“

Ja, kein Problem dann mach das mal. Nein , die Würfel kannst da liegen lassen. Überrede mich mal ich bin ja der Händler.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Onkel Kahin am 17. Juli 2020, 16:44:37
Aus meiner Sicht ist das ein absolutes No-Go, als Spieler entscheide ich, was mein Charakter denkt und will, genau das definiert meine Rolle. Das ist die eine Sache, bei der mir keiner reinreden soll. Schon gar kein Spielleiter, der mir nicht zutraut, meinen Charakter "richtig" zu spielen. Wie mein Charakter "richtig" gespielt wird, entscheide ich. Dass ich dabei Rücksicht auf den Spielspaß meiner Mitspieler nehme, ist für mich eine Selbstverständlichkeit, aber das ist meine Entscheidung und nicht die von sonst irgendwem. Wenn mir nicht gefällt, wie jemand seinen Charakter spielt, dann kann ich das ansprechen oder ggf. eben nicht mit der Person spielen, aber das Problem auf Ebene der Spielregeln zu lösen, da liegt kein Segen drauf.

Natürlich ist das asymetrisch. Der SC darf würfeln, ob er den NSC überzeugt, der NSC aber umgekehrt nicht. Das ist okay, denn die Rollenverteilung von Spielleiter und Spielern ist ebenfalls asymetrisch. Es ist aus gutem Grund so, und es funktioniert ja auch.

Sonst ist man irgendwann an dem Punkt, den wohl niemand will: "Der NSC hat seine Verführen-Probe geschafft, du gehst jetzt mit dem aufs Zimmer."


Das heißt dann in Konsequenz:

Der Meisterrhethoriker mit Überreden auf maximalem Wert versucht den Krieger von Paul zu überzeugen. Würfelt dabei sogar theoretisch einen kritischen Erfolg. Spieler Uwe ist aber eben kein solcher Meister und stellt es entsprechend schlechter dar.

Paul ignoriert das dann aber, weil er grad keine Lust drauf hat.


Da stimme ich eher ganz klar Marashar zu: Man beschreibt dem Spieler, dass sein Held den anderen wirklich umwerfend und charmant und witzig findet und überlässt es nun dem Spieler, ob er mit aufs Zimmer geht, oder gegenüber diesem NSC halt Abzüge erleidet (weil der ist doch ein netter).


“ja und dann überredet dich der Händler das du den Ring kaufst.“

Liebe sl bist du heute vielleicht auf den Kopf gefallen ? Geht es dir gut , komm leg dich auf die Couch und ich hol dir einen Kräutertee.

“ich überrede den Händler mir den Ring zu geben“

Ja, kein Problem dann mach das mal. Nein , die Würfel kannst da liegen lassen. Überrede mich mal ich bin ja der Händler.

Ist nicht ganz das, worum es ging. SCs sollen ja trotzdem würfeln. Entsprechend ist es ja eher anders rum:


[SL versucht über 30 Minuten den Ring schmackhaft zu machen] "Und, was sagt Ihr? Wollt ihr das Kleinod haben?"
SC: "Nö"
SL: Aber der Händler klingt wirklich überzeugend.
SC: HEY! Ich lass mir hier nicht vorschreiben, was mein Held tut. Spielerautonomie und so. Und du hast mich nicht überzeugt.
SL: Ich kann ja mal drauf würfeln.
SC: Und wenn es klappt, zwingst du mir etwas auf! Ne, darauf hab ich keinen Bock.


vs


SC: "Meister, ich möchte die AXt fast gratis haben. Ich würfel auf Überreden, hab ich ja gesteigert und die Spezialisierung."
SL: "Spiel es aus, ich bin dabei der Händler."
SC: ???
SL: Bei dem Händler letzte Woche musste ich dich ja auch davon überzeugen, dass der Ring wertvoll ist. Da durfte ich nicht einfach würfeln."
SC: "Ja, deiner ist halt nur nen NSC. Ich lass mir doch nicht vorschreiben, wie ich zu reagieren habe. (Meint: Das macht man nur mit NSCs)"
SL: "Öhhhhhhhhhhhhhhhhhmmmm.... Gut, würfel. "
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Lord Verminaard am 17. Juli 2020, 21:02:36
Der Meisterrhethoriker mit Überreden auf maximalem Wert versucht den Krieger von Paul zu überzeugen. Würfelt dabei sogar theoretisch einen kritischen Erfolg. Spieler Uwe ist aber eben kein solcher Meister und stellt es entsprechend schlechter dar.

Paul ignoriert das dann aber, weil er grad keine Lust drauf hat.

Es könnte aber auch heißen: Uwe ist zwar kein Meisterrhetoriker, er hat aber ein gutes Argument. Paul findet das Argument überzeugend und ignoriert es deshalb nicht.

Oder aber er findet das Argument nicht gut, oder er findet einfach, dass seinen Krieger das halt jetzt nicht überzeugt. Er hat sich entschieden, es geht ja dabei um die Sache, ich lasse mich in RL ja auch nicht einfach von egal was überzeugen, nur weil jemand ein guter Rhetoriker ist. Das als "der hat halt keine Lust" abzutun, finde ich eine etwas merkwürdige Vorstellung von Rollenspiel. Mit was für Leuten spielt ihr denn? Ich persönlich ziehe es ja vor, mit Leuten zu spielen, die Lust haben. ;)
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: dx1 am 17. Juli 2020, 21:13:21
Ich lasse mir auch IRL nicht von irgendwem eine zimmern, im Rollenspiel nehme ich das aber hin, wenn die Würfel das so sagen. Nicht, dass ich IRL etwas dagegen unternehmen könnte, wenn mich jemand umboxen will, aber im Rollenspiel ist es doch spannend, zu erfahren, was dann passiert.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Lord Verminaard am 17. Juli 2020, 21:19:50
Der Unterschied ist, wenn der Gegner seinen Angriff schafft bzw. du dein Ausweichen nicht, dann wolltest du dich nicht treffen lassen. Du wolltest Ausweichen, hast es nur einfach nicht geschafft.

Beim sogenannten sozialen Konflikt ist es was anderes, wenn du dich da den Würfeln unterwerfen muss, dann heißt das du willst/denkst/glaubst das jetzt, was der andere sagt. Kann man natürlich so spielen. Will ich persönlich aber nicht.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: dx1 am 17. Juli 2020, 21:22:00
Du dachtest, dass der Ring nicht magisch ist, aber er ist es – glaubst Du jetzt zumindest. EDIT Bzw. glaubt Deine Figur das jetzt in diesem Moment.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Marashar am 17. Juli 2020, 21:28:59
Zitat
Es könnte aber auch heißen: Uwe ist zwar kein Meisterrhetoriker, er hat aber ein gutes Argument. Paul findet das Argument überzeugend und ignoriert es deshalb nicht.

Oder aber er findet das Argument nicht gut, oder er findet einfach, dass seinen Krieger das halt jetzt nicht überzeugt.

Das ist genau, was ich meine: Die ganze Last, überzeugend zu sein, wird dem DM aufgebürtet. Der muss dann im Zweifelsfall überzeugenden Argumente und Strategien und Rhetorik für eine ganze Horte von NPCs mit unterschiedlichen Standpunkten finden und dann auch noch darauf achten, dass er den charmanten Gangsterboss und den bärbeisigen Sherrif und den Ritter, der zwar das gleiche will wie die Gruppe, aber nicht mit Amateuren arbeiten will, alle so hervorragend darstellt, dass de Spieler auch wirklich den richtigen Eindruck davon bekommen, wie die NPCs sind. Wenn dieser Anspruch an mich herangetragen wird (sowohl als Spieler als auch als DM), dann suche ich mir eine andere Gruppe. Ich bin nicht so gut im soziale Nuancen lesen und andere Leute entschlüsseln ist im Beruf anstrengend genug. Das muss ich dann nicht in meiner Freizeit auch noch haben. Da will ich lieber Abenteuer erleben. Außerdem mag ich auch mal gerne jemanden spielen, der ganz andere Sachen kann und ganz andere Schwächen und Stärken hat als ich. Wenn mir das Spielsystem da Hilfen anbietet, warum soll ich sie dann nicht nutzen?
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Lord Verminaard am 17. Juli 2020, 21:35:09
Du dachtest, dass der Ring nicht magisch ist, aber er ist es – glaubst Du jetzt zumindest. EDIT Bzw. glaubt Deine Figur das jetzt in diesem Moment.

Lügen zu durchschauen ist so ein Grenzfall, das finde ich auch noch ok zu würfeln, ist ja letztendlich eher wie eine Wahrnehmungsprobe.

Aber dass einer mit nem Rhetorik-Wurf mich davon überzeugt, dass er im Recht ist oder das ich irgendwas machen soll oder so, das ist nicht ok. Solche Entscheidungen, was der Charakter richtig findet, was der Charakter tun will, die zu treffen ist für mich der Job des Spielers. Wie gesagt, kann man anders spielen, ist aber nicht meins.

Das ist genau, was ich meine: Die ganze Last, überzeugend zu sein, wird dem DM aufgebürtet. Der muss dann im Zweifelsfall überzeugenden Argumente und Strategien und Rhetorik für eine ganze Horte von NPCs mit unterschiedlichen Standpunkten finden und dann auch noch darauf achten, dass er den charmanten Gangsterboss und den bärbeisigen Sherrif und den Ritter, der zwar das gleiche will wie die Gruppe, aber nicht mit Amateuren arbeiten will, alle so hervorragend darstellt, dass de Spieler auch wirklich den richtigen Eindruck davon bekommen, wie die NPCs sind. Wenn dieser Anspruch an mich herangetragen wird (sowohl als Spieler als auch als DM), dann suche ich mir eine andere Gruppe. Ich bin nicht so gut im soziale Nuancen lesen und andere Leute entschlüsseln ist im Beruf anstrengend genug. Das muss ich dann nicht in meiner Freizeit auch noch haben. Da will ich lieber Abenteuer erleben. Außerdem mag ich auch mal gerne jemanden spielen, der ganz andere Sachen kann und ganz andere Schwächen und Stärken hat als ich. Wenn mir das Spielsystem da Hilfen anbietet, warum soll ich sie dann nicht nutzen?

Ich finde es natürlich toll, wenn ein DM das alles kann. Ich finde es aber auch okay, wenn ein DM einfach sagt: Der NSC hält eine mitreißende Rede, er ist sehr wortgewandt. Dann ist das so und dann reagiere ich auch so darauf. Aber wie ich reagiere, ist meine Sache.

Täusche ich mich oder schwingt hier irgendwie so eine leidige Erfahrung mit destruktiven Spielern mit? Ich bin überhaupt kein destruktiver Spieler, ich denke aber, wenn man einen destruktiven Spieler hat, und den dann mit Rhetorik-Würfen auf Linie zu bringen versucht, dann ist das nicht wirklich eine Lösung.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Marashar am 17. Juli 2020, 21:49:02
Nur zur Klarstellung: Ich rede hier von Eindrücken, die nicht bewußt kontrollierbar sind - "der NPC flößt dir große Angst ein" - nicht von Eingriffen in die Handlungsautonomie. Ob der Spieler dann rennt, in der Ecke kauert oder die Kette mit dem Bild seiner Verlobten umklammert und alle Kräfte zusammennimmt und versucht, der Angst zu widerstehen, das bleibt natürlich allein dem Spieler überlassen.

Es schwingt eine leidige Erfahrung mit langweiligen oder extrem anstrengenden Spielabenden mit. Mit destruktiven Spielern spiele ich nicht.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Namenloser am 18. Juli 2020, 10:46:25
Um deine Fragen zu beantworten Muh:

Ich sehe Sozialproben gegen Spielercharaktere als legitimes Mittel was eingesetzt wird, lasse die NSC solche Proben machen und hätte als Spieler damit keine Probleme.

Ich gehöre zur Fraktion die Spielercharaktere als weitere Persönichkeiten in der Welt sehen auf welche genauso eingewirkt werden kann wie auf NSCs. Wer sich als Spielercharakter herausnehmen will das dies nicht zutrifft dann ist er bei mir falsch.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Monoceros am 19. Juli 2020, 17:15:20
Zur Beantwortung der Ausgangsfrage stellen sich mir zunächst drei andere Fragen: Was bedeutet Spielerautonomie? Was bezwecke ich als Spielleiter mit der Szene? Warum sperrt sich ein Spieler dagegen, dass sein Charakter eine schlechte Entscheidung trifft? Die gehe ich im Folgenden nacheinander durch, um dann zu erklären, warum ich die Frage, ob man soziale Skillproben gegen SC einsetzen sollte, nicht für entscheidend halte. Als Beispielszene verwende ich den Händler, der einem Charakter einen gefälschten magischen Ring aufschwatzen will.


Was bedeutet Spielerautonomie?

Grundsätzlich bedeutet Spielerautonomie, dass der Spieler die Kontrolle über die Darstellung seines Charakters hat. Dazugehörig aber nicht deckungsgleich ist die Charakterautonomie, also wie frei der Charakter in seinen Entscheidungen ist. Beim klassischen Railroading entscheidet der Spieler nur darüber, wie etwas geschieht, aber kaum darüber, was geschieht, die Charakterautonomie ist gering, bei der Sandbox hat er weitreichende Kontrolle über das Was, beim typischen dramatischen Spiel hat er einen dynamischen Plot, den er zwar beeinflussen von dem er sich aber auch nicht einfach lösen kann.

Ebenfalls Teil der Spielerautonomie ist, dass der Spieler den Charakter erschaffen hat und eine spezifische Vorstellung von ihm entwickelt, die er auch spielerisch darstellen möchte. Diese kann, muss aber nicht notwendigerweise deckungsgleich mit den Charakterwerten sein. Regelwerke sind unterschiedlich gut darin, die Vorstellungen eines Spielers in Spielwerte zu übersetzen, und es ist üblicherweise klüger, die Stärken eines Charakters, die auch seine spezifische Rolle in der Gruppe definieren, an erste Stelle zu setzen, anstatt zu versuchen, schwache Werte an Stellen zu vermeiden, an denen sie nicht in die Vorstellung vom Charakter passen. Letzteres lässt sich leichter überspielen als in Kauf zu nehmen, dass der Charakter in Situationen, in denen er brillieren soll, nicht vernünftig spielbar ist.

Der Spielleiter beeinflusst vor allem das Was, mit einer Grauzone bei dynamischen Plots, bei denen Spieler den Plot auf ihre jeweilige Weise mitgestalten. Das Wie ist vor allem Spielersache, soweit es den Charakter betrifft. Eine zufriedenstellende Antwort darauf, ob es in Ordnung ist, soziale Skillproben gegen SC einzusetzen, ergibt sich daraus allein noch nicht, es ist keine Kompetenzüberschreitung, wenn der SL entweder durch Anweisung oder das Interpretieren von Würfelergebnissen entscheidet, dass der SC den angebotenen Handel nicht als Schwindel erkennt (->Was).
Problematisch wird es hingegen, wenn der SL zusätzlich in das Wie eingreift. Das kann zum Beispiel dann passieren, wenn er den Händler als zwielichtig eingeführt hat, der SC das weiß und dann via Würfelprobe den Ring aufs Auge gedrückt bekommt. Wenn der Spieler seinen SC als leichtgläubigen Trottel spielt, wird er da gerne mitziehen. Wenn er einen Kämpfer spielt, der zwar nicht überdurchschnittlich intelligent aber auch nicht sonderlich vertrauensselig ist und bei fraglichem Händler schon dreimal nicht, wird er den Spielleiter fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat. Das Problem besteht hier aber nicht im Mittel der Würfelprobe, sondern darin, dass sie eingesetzt wurde, um den SC zu etwas zu bringen, das der Spieler nicht möchte und nicht im Einklang mit seinem Charakter steht.
 

Was bezwecke ich als SL mit der Szene?

Als Spielleiter muss ich mich stets fragen, was ich mit einer bestimmten Szene bezwecken möchte. Will ich dem Spieler mit dem Betrug "eins reinwürgen" oder steht der Betrug in einem größeren Zusammenhang? Ersteres ist ein Spielleiterfehler, egal welche Ausrede ich mir dafür auch überlege, z.B. Worldbuilding. Letzteres kann die Handlung vorantreiben. Der Kämpfer lässt sich den Ring verkaufen, aber nachdem er den Laden verlassen hat, kommen ihm Zweifel und er wendet sich an den Magier, mit dem er reist, womit der Spieler einen anderen SC und dessen Kompetenzen ins Spiel bringt und die Beziehung der Charaktere stärkt. Der Magier erkennt den Schwindel und die Gruppe beschließt, den Händler zur Rechenschaft zu ziehen, und während der Betrogene das Schlitzohr am Kragen hochgehoben und gegen die Wand gedrückt hat, macht er diesem klar, dass er in seiner Schuld steht, wenn er ihn dafür nicht anzeigt, eine Schuld, die der NSC später begleichen wird oder die andere Verwicklungen nach sich zieht.
Bringe ich in beide Varianten das Zufallselement ein, ändert sich daran nur wenig. Will ich den SC nur treten und er wendet es mit dem Würfel ab, geschieht wenig. Ist es zu seinem Schaden und das war's, wird das die Stimmung am Tisch eher abkühlen lassen, mit einem möglichen Rattenschwanz an negativen Konsequenzen. In Variante 2 entscheidet das Würfelergebnis eher über den Verlauf der weiteren Geschehnisse, aber der Spieler des SCs wird auch dann Spaß haben, wenn sein Charakter in der Lage über den Tisch gezogen wird, es sei denn ich mache den Setupfehler wie weiter oben beschrieben, und versuche den Charaktere gegen die Vorstellungen des Spielers zum Trottel zu machen.


Warum sperrt sich ein Spieler dagegen, dass sein Charakter eine schlechte Entscheidung trifft?

Zu unterscheiden sind externe und gruppeninterne Ursachen. An externen kann man nur wenig ändern. Wenn ein Spieler in einer Phase seines Lebens ist, in der er im Alltag ständig das Gefühl hat, der Depp vom Dienst zu sein, wird er durch eine solche Szene eher getriggert. Als Spielleiter werde ich dann einen Teufel tun und weiter in diese Richtung drücken, sondern den Spieler in Ruhe lassen. Wenn sich das auf Dauer nicht mit dem Gruppenkonzept verträgt, muss man daraus abseits des Tisches die Konsequenzen ziehen, spielerisch lässt sich das nicht lösen, ob man nun würfelt oder nicht.

Interne Ursachen sind z.B. mangelndes Vertrauen in den Spielleiter. Wenn ich meine Spieler wie oben beschrieben trete, werden sie entweder sauer oder aber sie spielen immer defensiver. Ich habe in diesem Zusammenhang von einem Spielleiterfehler gesprochen, selbst wenn man ihn als Worldbuilding verklärt, und das hat Gründe. Wenn ich durch die Händlerszene verdeutliche, dass nur ein entsprechend "geskillter" Charakter verhandeln sollte, werden die Spieler sich auch so verhalten, um weitere Niederlagen dieser Art zu vermeiden. Damit zerstöre ich die Spieldynamik der Gruppe, denn in künftigen Situationen dieser Art kriegen die nicht so fähigen Charaktere dann die Zähne nicht mehr auseinander. Wenn ich die Gruppe aber nur noch fordern kann, wenn ich ihren jeweiligen Spezialisten dazu an seine Grenzen bringe, kann in den jeweiligen Situation sonst auch keiner mehr handeln und das Setting wirkt zunehmend künstlicher und konstruierter und eine Interaktion innerhalb der Gruppe kommt kaum noch zustande.

Vertraut mir der Spieler, der seinen SC eine schlechte Entscheidung treffen lassen soll, hingegen, eröffnen sich Möglichkeiten. Wenn ich einen Spezialisten scheitern lasse, kann ich das als wesentlichen Bestandteil in den Plot einbauen und abseits davon platzt eine heikele Verhandlung z.B. durch Jähzorn oder Ungeduld des anwesenden Barbaren, dessen Spieler bewusst in Kauf nimmt, den Spezialisten ins Schwitzen zu bringen oder die Situation eskalieren zu lassen.
Auch hier lässt sich ein Zufallselement einbringen. Wenn der Spieler des Barbaren bereit ist, bei einem Scheitern die Situation angemessen eskalieren zu lassen, z.B. weil der Charakter entsprechend erfolgreich provoziert wurde, wird es funktionieren, auszuwürfeln, was geschieht. Ist der Spieler dazu nicht bereit, lasse ich die Würfel besser gleich ruhen.


Sollte man soziale Skillproben gegen SC einsetzen?

Der Würfelwurf ist ein Mittel zum Zweck, eine Möglichkeit, ein Zufallselement in eine Situation einzubringen, z.B. um darzustellen, dass die jeweilige Szene eben so oder so ausgehen kann. Ob er angemessen ist oder sein Ergebnis das Spiel positiv oder negativ beeinflusst, hängt weniger von der Methode selbst ab als von den Rahmenbedingungen ihres Einsatzes. In einer überflüssigen Szene, in der Scheitern nur bedeutet, dass der SC Ressourcen verliert, verändert auch das vermeintlich unparteiische Urteil eines Würfels nichts zum besseren. In einer Szene, in der auf der Metaebene das Scheitern mindestens genauso interessant ist wie der Erfolg, kann es Spannung erzeugen, die sich in beiden Fällen für das Spiel positiv auflösen lässt.
Wie sehr die Spieler den Würfelentscheid als Eingriff in ihre Autonomie begreifen, hängt unter anderem davon ab, wie tief der Spielleiter in die Charakterdarstellung eingreift und ob diese erzwungenden Handlungen mit den Vorstellungen des Spielers von seinem Charakter übereinstimmen oder ihnen widersprechen. Als Faustregel sollte man es einem Spieler überlassen, seinen Charakter in einer Situation zum Trottel zu machen, anstatt ihn dazu nötigen zu wollen. Scheitern kann ein SC in einer Situation auch, ohne dabei gleich das Gesicht zu verlieren.
Der Spieler hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass sein Charakter überhaupt nicht scheitert, sondern muss auch damit zurechtkommen, dass manche Versuche schiefgehen, ob durch einen Würfelwurf oder nicht. Als SL sollte man zugleich dafür Sorge tragen, dass insbesondere ein zufallsbedingtes Scheitern der Handlung keinen Abbruch tut, damit es nicht allein als "Fail state" sondern als sinnvoller Teil des Spielgeschehens begriffen werden kann. Andernfalls kann die Spieldynamik der Gruppe Schaden nehmen.
Titel: Re: Soziale Skillproben gegen Spielercharaktere würfeln
Beitrag von: Owlbear am 06. März 2023, 14:07:39
Das ist hier mal wieder so Thread voller Hinweise, Tipps und Sichtweisen bei dem das Durchlesen mich wirklich ein Stück weiter gebracht hat. Ich war gerade zum ersten mal in der Situation, dass ich als SL einen Sozialskill gegen die Helden eingesetzt habe und erst im Nachgang wurde mir klar, dass das Thema mehr als nur eine Regelfrage ist.