Kapitel 55
Zusammenkunft
Etwa zwei Jahre sind seit meinem letzten Eintrag schon vergangen…ganze zwei Jahre nachdem wir damals von der schwindenden See aufgebrochen sind. Wir besaßen fast alles was wir brauchten, um den Kern der Dämonenhorde zu erreichen. Uns fehlten allerdings noch Verbündete, die uns bei diesem Kampf unterstützen würden…
So begannen wir die großen Inseln der Himmel erneut zu besuchen und die Unterstützung aller Armeen zu erbitten. Es war eine langwierige Aufgabe, alle Völker zu diesem äußerst gefährlichen Unterfangen zu bewegen. Aber wo der Ruf der Himmelssucher nicht ausreichte, konnte das Horn des Kriegsfürsten am Ende jeden überzeugen. In seiner Gunst zu stehen, war unser bestes Mittel um die geborstenen Himmel zu einen.
Durch die Wichtigkeit des Unterfangens, waren bald alle hohen Persönlichkeiten der Himmel eingeweiht und der Handelsrat verwaltete die Kommunikation aller Oberhäupter der Inseln. Sobald unsere Aufgabe erfüllt war und wir alle Völker zur Zusammenarbeit bewegen konnten, sollten sie sich mit ihren Kriegsflotten nach Brücken begeben. Auch wir sind gerade in diesem Moment auf dem Weg dorthin. Ich hoffe, die letzten zwei Jahre der Reise waren nicht umsonst.
Als wir auf die Insel zusteuerten, erblickten wir am Horizont etwas Unglaubliches: Eine riesige Armada an Kriegsschiffen lag großräumig um Brücken vor Anker. Unser Ruf wurde erhört und alle Inseln haben sich gemeinsam unserem Kampf angeschlossen. Es war ein beeindruckendes Gefühl. Konnten wir tatsächlich das Schicksal der Himmel abwenden? Ich war nun voller Zuversicht!
Wir verbrachten einige Zeit in Brücken, um die gigantische Flotte zu koordinieren und ein Zusammenspiel aller Beteiligten zu ermöglichen. Als alle bereit waren, wurde es Zeit für den Aufbruch. Wir stellten die Wegsphäre auf den Hort der Dämonenbrut ein. Wir segelten mit all unseren Verbündeten gemeinsam los, der letzten großen Schlacht entgegen...
Es vergingen einige Wochen, bis wir unser Ziel erreichten. Und meine Zuversicht wich, als ich erblickte, was dort vor uns lag. Eine riesige Dämonenbrut umkreiste das gigantische Gebilde am Horizont. Hunderttausende von Dämonen lagen zwischen uns und einer Insel, welche die Form eines riesigen Herzens hatte. Panik machte sich in unserer ganzen Flotte bereit und wir hielten einen Kriegsrat. Uns allen war bewusst, dass es nicht leicht sein würde gegen die Dämonen vorzugehen. Aber plötzlich wirkte diese Vorhaben unmöglich…
Wir besprachen mit den anderen Anführern und Priestern unser Vorgehen. Die Dämonen ziellos zu vernichten wäre närrisch, dafür waren es zu viele. Der Geist Jophiel, welcher in unserer Wegsphäre hauste, kam zu dem Gespräch hinzu und gab uns einen Hinweis wiewir weiter vorgehen könnten. Bei der Insel vor uns, handelt es sich um das Herz des Dämonenkönigs. Dies trug insgesamt fünf Wunden, welche sich als Risse auf den Seelenschild auswirken. Um das Eindringen der Dämonen in die Himmel zu verhindern und sie somit für immer zu verbannen, müssen diese Wunden geschlossen werden. Die Kräfte des Dämonenherzens waren allerdings zu mächtig, um es erreichen zu können. Nur mithilfe göttlicher Mächte könnte uns dies gelingen. Und wie es der Zufall will, haben wir einige von ihnen auf unserer Seite!
Wir entwickelten einen Plan. Wir würden mit dem legendären Horn den Kriegsfürsten herbeirufen, damit dieser die Armee der Himmel anführt. Sie würden die Dämonen von zwei Seiten aus angreifen, während wir durch die Mitte brechen. Mit mehreren Priestern an Bord wäre es möglich, die Götter anzurufen, damit diese uns einen Zugang zum Herz erschaffen. Das Vorhaben stand fest und die Befehle wurden an alle Schiffe weitergegeben. Als Signal sollte der Klang des Horns gelten.
Trickser bestand darauf das Horn nutzen zu dürfen. Wir überließen es ihm, doch er hatte noch größere Pläne. Er ging zu einem der Drachenältesten und bat ihn darum, auf ihm fliegen zu dürfen. Ich schämte mich dafür, dass Trickser einen Drachenältesten um etwas so Frevelhaftes erbitten würde. Aber zu meiner Überraschung, wurde ihm dieser Wunsch gewährt. Er flog auf einem Drachen mit dem Kriegshorn in die Lüfte. Nach ein paar anspornenden Worten blies Trickser ins Horn und der Kriegsfürst erschien. Der große Kampf begann…
Die Himmelsflotte lenkte den Großteil der Dämonen ab, während wir frontal auf das Herz zusteuerten. Wir kamen ihm immer näher, bis sich ein feindliches Schiff in den Weg stellte. Wir versuchten es zu umschiffen, doch es war leider zu wendig und enterte uns. Etwa 70 Dämonen standen uns entgegen, doch die Himmelssucher waren nach all der Zeit extrem stark geworden. Aufgrund der Masse an Feinden war es ein langer, harter und letztlich siegreicher Kampf. Wir waren erschöpft, aber zumindest größtenteils unverletzt. Nur unser alter Elfenmagier Zadimes hatte ein gebrochenes Bein davongetragen. Das Dämonenschiff stürzte ohne seine Mannschaft in die Leere und ich hoffte, dieser Anblick würde die Moral unserer Truppen heben.
Die Priester an Bord unseres Schiffes waren derweil in ihre Anrufungen versunken. Bald darauf war es so weit: Die Lebensmutter, die Herrin der Winde und der Baumeister erschienen vor uns und richteten ihre Macht auf das Herz des Dämonenkönigs. Es war uns nun möglich, diese Abscheulichkeit zu betreten und den Kampf zu einem Ende zu bringen. Die anderen verlassen sich schließlich auf uns.
Das Innere des Herzens war identisch mit einem echten Herzen. Es war ein fleischiger und unangenehmer Ort, voller Kammern und Wege. Als wir dem Weg ins Innere folgten, erblickten wir eine Art Wunde an der Wand. Dies muss es sein, wovon Jophiel gesprochen hatte. Als wir uns ihr näherten, fing Yllafinas Harfe an zu leuchte. Das Licht wurde intensiver, je näher wir der Wunde kamen. Sie nahm die Harfe, und schlug damit auf die Wunde. Es wirkte rabiat, aber funktionierte: Eine Gestalt entsprang der Harfe und flog ins innere der Wunde, welche sich daraufhin wieder schloss.Wir gingen weiter durch die Herzkammer und fanden schließlich einen weiteren Raum. Auch dort war eine Wunde zu finden. Yllafinas Harfe leuchtete allerdings nicht mehr, was darauf schloss, dass sich diese nur einmalig nutzen ließ. So trat Naugrim mit seinem Hammer vor, welcher derweil begonnen hatte zu glühen und schlug auf die Wunde. Allerding geschah dieses Mal etwas völlig anderes. Ein grässliches Wesen kam aus dem Hammer hervor und übernahm Naugrims Körper.
Er wendete sich gegen uns. Cera versuchte ihn bewusstlos zu schlagen, aber es zeigte absolut keine Wirkung. Ich hielt ihn fest, um ihn von weiteren Angriffen abzuhalten. Yllafina bemerkt, dass auf Naugrims Stirn ein Mal erschienen ist und ihre Harfe mit einem Leuchten darauf reagierte. Doch unser Zwerg war sehr stark und wehrte alle Versuche ab, das Wesen in ihm auszutreiben. Am Ende gelang es Trickser mit der Harfe den wunden Punkt des Wesens zu treffen, woraufhin die Gestalt darin eingesperrt wurde. Naugrim hatte sich kurz darauf von der Übernahme wieder erholt und vernahm nun eine andere Stimme aus dem Hammer. Wieder erschien ein Geist aus der Waffe, aber diesmal verschloss er die Wunde des Dämonenherzens. Wir verließen daraufhin den Raum und gingen in eine andere Richtung weiter.
Wir erreichten die nächste Wunde und ich konnte nicht glauben, was ich dort vorfand: Es war Drachenpein. Ein gigantischer brutaler Drache, dessen persönliche Aufgabe es ist, alle Drakin auszulöschen. Niemals hätte ich erwartet, diesem brutalen Wesen tatsächlich zu begegnen. Ich muss gestehen, dass ich Furcht verspürte, ihm gegenüberzustehen. Trotz seiner Größe stürzten sich meine Freunde auf Drachenpein und konnten ihm einige Treffer hinzufügen und schwächen. Es war keine Zeit feige zu sein, also schoss ich auf ihn zu und erledigte ihn mit einem heftigen Schlag meiner Drachenfaust. Er ging zu Boden und blieb reglos liegen. Es ist uns tatsächlich gelungen, dieses Ungetüm gemeinsam zu bezwingen. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zum Sieg war überwunden.
Diesmal heilte Trickser die Wunde mit dem Geist aus seinem Bogen. Es bleiben somit noch zwei. Wir folgten weiter dem einzigen Weg und die Umgebung veränderte sich, je weiter wir vordrangen. Die Landschaft wirkte immer mehr, wie eine groteske Version von Herzland. Ein Wald aus Fleisch und Sehnen erstreckte sich vor uns. Als wir am Ende des Ganges einen weiteren Raum erreichten, erkannten wir nun den Grund: Der Blattfürst war zurückgekehrt und breitete seine Wurzeln in alle Richtungen aus. Wir versuchten ihn zu attackieren, doch seine Rinde war viel zu robust. Yllafina bemerkte, dass der Rabenstab, den sie im Rucksack mit sich führte, auf die Anwesenheit des Blattfürsten reagierte und sich in einen Speer verwandelt hatte. Über dem Baumwesen war eine Wunde zu erkennen. Da wir keinen direkten Schaden zufügen konnten, war es einen Versuch wert, die Wunde zu schließen. Yllafina gab Bronzeschweif den Speer, welcher versuchte ihn auf die Wunde zu werfen, aber das Ziel leider verfehlte. Trickser und Lumi hatten einen anderen Plan. Lumi wirkte Levitationsmagie, wodurch Trickser sich den Speer schnappen und zu Wunde hochfliegen konnte. Er erreichte sie, und wieder kam eine astrale Gestalt aus der Waffe heraus und verschloss die Wunde. Wie vermutet, raubte dies dem Blattfürst die Energie und er starb noch an Ort und Stelle. Ich warmittlerweile sehr erschöpft, aber wir mussten weitermachen. Die anderen verlassen sich schließlich auf uns…
Aber wir befanden uns in einer Sackgasse. Es gab keinen Weg mehr, den wir noch hätten gehen können und es waren keine weiteren Wunden zu finden. In Ermangelung an Optionen hatten wir die Idee, das Herz von außen zu untersuchen. Wir gingen also zurück und begaben uns wieder nach draußen.
Der Kampf in den Himmeln tobte nach wie vor weiter, als wir das Licht des Glühens vernahmen. Und tatsächlich, in der Ferne am Horizont ließ sich ein weiterer Riss entdecken. Dies muss der Letzte sein!! Wir nahmen mit unserem Schiff Kurs darauf, während wir den Dämonenschiffen auf dem Weg eisern auswichen. Als wir den Riss erreichten, gab es diesmal aber keine Reaktion von unseren Artefakten. Yllafina fragte Jophiel was nun zu tun sei und er erwiderter, dass wir die Wächterseele der Orkenbann-Rüstung dazu zwingen müssen, den Spalt zu schließen. Also taten wir dies und streckten das Artefakt dem Riss entgegen.
Doch dies stellte sich als ein Fehler heraus. Die Seele entstieg der Rüstung, aber anstatt den Spalt zu schließen, wurde er von der Seele gewaltsam aufgerissen. Bevor wir etwas tun konnten, griff eine monströse Hand von der anderen Seite hindurch und riss ihn noch weiter auf. Vor uns befand sich der König der Dämonen, in seiner ganzen Größe. Ich war auf der ganzen Reise noch nie so verzweifelt wie in diesem Augenblick… Wir hatten ihm nichts entgegenzusetzen. Unsere Angriffe, die ihn zurück hinter den Seelenschild drängen sollten, blieben wirkungslos. Im Augenblick dieser Machtlosigkeit traf Blauschweif eine Erkenntnis. Er sah eine Möglichkeit, den Dämonenkönig zu bezwingen: Mithilfe einer Heldenseele könnte der Riss geschlossen werden. Und auch wenn unsere Artefakte keine weiteren Seelen beherbergten, so kämpften doch welche in diesem Augenblick gegen den monströsen Feind. Die Seele eines Himmelssucherskönnte die Wendung bringen. Aber nur wenn man diese auch opfert…
Es war Lumi, welcher sich freiwillig dazu entschloss den Preis zu zahlen. Er hatte diese Reise damals auf sich genommen, um alle Dämonen in den Himmeln zu bezwingen und er war bereit alles dafür zu tun, was notwendig ist. Er verband seine Seele mit dem Spalt des Seelenschilds, woraufhin dieser langsam heilte. Der monströse Dämonenkönig bemerkte dies und versuchte mit seinen gigantischen Klauen alles daran zu setzen, Lumi vorher zu vernichten. Doch das wussten wir zu verhindern. Die Himmelssucher nutzen ihre gesamte Stärke, die sie auf dieser Reise erlangt haben, um Lumi vor dieser Bestie zu beschützen.
Wir hielten dem Dämonenkönig stand, bis der Riss sich immer weiter schloss. Trotz aller Bemühungen war das Monster nicht in der Lage dies zu verhindern. Seine riesigen Pranken verschwanden auf der anderen Seite des Seelenschilds, als sich der Spalt immer weiter verengte und irgendwann verschwand. Wir hatten es tatsächlich geschafft…der Seelenschild war wiederhergestellt. Es gab keine Schwachstellen mehr, kein Dämon konnte mehr eindringen!Unsere riesige Armada kämpfte mithilfe der Götter weiter gegen die Überzahl der Dämonen, doch sie erlangten langsam die Oberhand. Immer mehr Dämonenschiffe fielen der Leere zum Opfer. Jetzt, da keine neuen Monster mehr eindringen konnten, wurde ihre Anzahl drastisch reduziert. Der Kampf kam tatsächlich zu einem Ende. Es war uns gelungen, die Himmel vor einer Invasion der Dämonen vollständig zu bewahren. Doch zu welchem Preis…?
Lumi hatte es nicht überlebt. Da er seine Seele opferte, um den Rest von uns zu retten, blieb nichts weiter als um ihn zu trauern. Er war ein guter Kamerad und Freund gewesen, der mich sehr lange begleitet hat. Möge er in Frieden ruhen. Doch die aktuellen Umstände ließen noch keine Zeit für eine lange Trauer. Es schmerzt mich, aber die Vernichtung der restlichen Dämonen hat oberste Priorität. Es wird Zeit, die anderen zu unterstützen und auch den Rest von dieser Brut auszumerzen.
Die Stunden vergingen, bis irgendwann keine Dämonen mehr übrig waren. Es war endgültig vorbei. Wir haben gesiegt! Ein Konflikt der viele Jahre, ja sogar Jahrhunderte, andauerte, kam zu einem Abschluss. Wir und alle unsere Kameraden, die an diesem Kampf beteiligt waren, hatten Verluste erlitten. Diese waren aber nicht umsonst. Es dauerte nicht lange, bis sich die Nachricht des Sieges überall in den Himmeln herumgesprochen hat. Wir Himmelssucher hatten nun den Status einer Legende erlangt. Überall kannte man unsere Namen und die Geschichte dieser Schlacht wird noch lange weitergetragen werden. Doch es war auch eine Zeit des Abschieds. Die Himmelssucher hatten ihre Aufgabe erfüllt, also war es vorherbestimmt, dass sich unsere Wege eines Tages trennen würden.
Wir begaben uns ein letztes Mal alle gemeinsam nach Herzland, wo wir eine Trauerfeier für Lumi abhielten. Es war schließlich nichtsdestotrotz seine Heimat. Und jetzt, wo Herzland befreit war, war es ein lebenswerter und schöner Ort für Wildlinge. Nach der Zeremonie war es so weit: Ein letztes Mal verbrachten wir Zeit zusammen, bevor wir uns trennen würden. Ich bin damals aufgebrochen, um die geborstenen Himmel zu erkunden und alle meine Erkenntnisse aufzuzeichnen. Darum beschloss ich, bis zuletzt mit den verbleibenden Himmelssuchern zu reisen, bis jeder sein Ziel erreicht hat. Eine letzte lange Reise, bevor ich in die Heimat aufbreche. Es ist Zeit nach und nach Lebwohl zu sagen. Meinen Kameraden, Verbündeten und…Freunden. Es ist Zeit für meine allerletzte Reise…