Es gibt keine Kriterien, nach denen man zwischen Rollenspiel-Einsteiger und Veteran sauber trennen könnte, was auch damit zusammenhängt, dass viele Fähigkeiten, die im Rollenspiel zum Tragen kommen, nicht nur dort vermittelt werden. Wie gut jemand einen Charakter im Sinne des dramatischen Rollenspiels darstellen kann, hängt zum Beispiel nicht zwangsläufig damit zusammen, wie lange er schon Rollenspieler ist, sondern unter anderem von der Befähigung zur Empathie, der Freude an Schauspielerei und der Motivation, so weit wie möglich in der dargestellten Figur aufgehen zu wollen.
Auch die Regelkenntnis lässt sich nicht als Kriterium heranziehen, da es Spieler gibt, die trotz über einer Dekade steter Erfahrung in keinem hinreichend komplexen System eine besonders tiefgehende Regelkenntnis erworben haben.
Ich selbst würde drei Kriterien anlegen, die zumindest als Richtschnur taugen, wenn auch nicht als absolute Kriterien:
- | Breitgefächerte Systemkenntnis |
| Zunächst würde ich erwarten, dass der betreffende Spieler über eine breitgefächerte Systemkenntnis verfügt und demzufolge schon viel ausprobiert und kennengelernt hat. Daraus leitet sich die Fähigkeit ab, das Hobby insgesamt mit einem breiteren Blickwinkel zu betrachten, anstatt alles nur von einer spezifischen Warte aus zu beurteilen, was Anfänger und erfahrene Spieler in jedem Fall voneinander unterscheidet. |
- | Einsatzbereitschaft |
| Als zweites Kriterium würde ich anlegen, wie intensiv und mit welcher Ernsthaftigkeit sich der Betreffende mit dem Hobby beschäftigt. Jemand, der außerhalb der Spielsitzung kaum Interesse an seinem Charakter oder der Runde im Sinne einer P&P-Runde zeigt und sich dementsprechend weder über Regeln noch Hintergründe informiert, kann auch auf längere Sicht kaum als Veteran durchgehen, während jemand, der sich in die Sache hineinkniet und das Hobby auch über einen längeren Zeitpunkt betreibt, eine vorzeigbare Kompetenz entwickelt hat, die über seinen Charakter und die spezifische Spielrunde hinausgeht. |
- | Spieler und Spielleiter |
| Als drittes Kriterium würde ich anlegen, ob der Betreffende Erfahrung als Spieler und Spielleiter hat oder nur in einer der beiden Rollen. Von einem Veteran würde ich eine umfassende Kenntnis des Hobbys erwarten und die lässt sich nur erlangen, wenn man beide Seiten des Tisches versteht, auch wenn man sich letztlich auf eine der beiden Rollen konzentriert und das jeweils andere nur gelegentlich macht. |
Die Frage nach Charakteren, die man einem Einsteiger nicht in die Hand geben sollte, ist nur schwer pauschal zu beantworten. Ich würde das nicht so sehr daran festmachen, wie einfach oder schwer die Rollen darzustellen ist, denn ob ein Spieler dabei Erfolg hat, hängt wesentlich von seinen Vorerfahrungen in relevanten Bereichen und seiner Motivation bei der Charakterdarstellung ab. Ein hochmotivierter Anfänger kann sehr wohl einen verschmitzten Schurken mit komplexer Persönlichkeit überzeugend darstellen, wenn er sich in die Rolle gut hineindenken und ein wenig schauspielern kann, während ein anderer mit der Rolle eines Kriegers mit schlichtem Gemüt schon genug zu tun hat.
Problematischer ist es, wenn die Darstellung eines Charakters umfassende Kenntnisse der Spielwelt voraussetzt oder für einen Anfänger schwer verständliche Regelmechanismen benutzt. Als Anfänger in einem gut ausgearbeiteten Setting einen weltgewandten Gelehrten darzustellen, ist ohne intensive Arbeit außerhalb der Spielrunde schlicht nicht zu bewältigen und nur wenige Anfänger sind dazu bereit, von Anfang an derart viel Zeit in ein Hobby zu investieren.