35.a
Nina Urbani, Jay SmileyNachdem ich den Störsender ohne große Probleme abgeholt hatte, widmete ich weiter meinem Training. Abends immer wieder gerne Desert Wars und Urban Brawl. Geht als Weiterbildung durch. Der Sommer war heiß, trocken und strahlend blau. Mein Komm vibrierte.
Nachricht von 2Take
Fr, 10.08.2079, 15:56:26
Nachricht: 2Take
Hey Chummer, hier kam gerade eine Anfrage rein, habe da sofort an dich gedacht. Die Quelle hat gute Referenzen. Falls du den Job annimmst, mach deine Sache gut und lass mich nicht hängen.
Auftragsanfrage: von KIM
Tätigkeit: Beschaffung und Transport
Erwartete Schwierigkeit: Gering bis Mittel
Bezahlung: 10000€ pro Auftrag
Teamgröße: Ihre Entscheidung
Voraussetzungen: Schon länger dabei, Verlässlichkeit
Zeitraum: 2 Tage bis unbestimmt (ab morgen)
Haben sie Interesse ? JA NEIN
Höre ich da durch die Blume ein `Bitte´? Scheint aber der Beschreibung nach ein `Müllrun´ zu sein, um die Crew zu testen. Immerhin redet da jemand von Aufträgen. Mehrzahl. Könnte aber auch ein Schmitt sein, der geschickt einen Müllrun verkauft. Oder Schlimmeres. Auf der anderen Seite: 2Take sagt, er hätte gute Referenzen. Und er will es gut erledigt haben, sprich: Er erwartet sich auch mehr.Ich drückte ´JA´und sofort erschien eine neue Nachricht.
Nachricht von KIM
Fr 10.08.2079, 15:56:52
Nachricht von KIM
Morgen 15 Uhr im Greif, Frankfurt Hühnerweg. Melden sie sich beim Barkeeper.
Was sich immer gut macht, ist magische Rückendeckung. Was würde ich für Drag geben... Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert. Zumindest Tatze war erreichbar. Der wollte sich irgendwo in Offenbach mit mir treffen, war aber unfähig, mir einen Treffpunkt als Geoping anzugeben, geschweige denn, zu schicken. Aber so ist das mit ihm. Ist halt nicht seine Baustelle. Am Ende schicke ich ihm eine Postadresse von einem Kindergarten, ein paar Häuser vom Greif entfernt für das Taxi, das er nehmen wollte. Erstmal alle einsammeln und dann geschlossen auftreten. Weder Frau Urbani noch Nagato oder Jay Smiley waren erreichbar. Zumindest erreichte ich noch Omega. Zur Not sollte das als Kerntruppe reichen.
Am nächsten Tag stand ich um 14:00 Uhr vor der KiTa und beobachtete den Greif. Ein kleines Restaurant mit dem Charme eines umgebauten Kiosks. Hier in Sachsenhausen vermutlich ein Renner. Etwa um halb sah ich Tatze die Straße hochkommen. Ich rief ihn an und lotste ihn in den Bulldog. Um 14:40 Uhr ein SUV, der direkt vor dem Greif parkte. Es stieg ein beleibter Zwerg aus in Frack mit Melone auf dem Kopf. Mit seinem watschelndem Gang hatte er den Charme eines Pinguins. Er ging hinein, ich beobachtete den SUV scharf. Anscheinend niemand mehr darin. Zumindest nichts, was man von Außen sehen konnte. Auf den Dächern anscheinend keine Drohnen. Omega parkte kurz darauf mit seinem Bulldog quasi gegenüber. Auch ihn lotste ich zu mir. Als er mich sah, meinte er nur: "Mann, hast du dich verbessert im Verkleiden." Ich wusste gar nicht, was er damit meinte, war aber von zwei Gangern von den "Harten Zähnen" abgelenkt, die gerade ihre Bikes vor dem Greif parkten.
"Hier sind noch deine 12,5k." Omega hielt mir einen Credstick hin. Als ich nicht reagierte, fügte er hinzu: "Von Schwester Barbara." Und mit einer kurzen Pause: "Oder hast du mit ihr schon alles geklärt?"
Siehe an, eine ehrliche Haut. Ich winkte ab: "Alles gut, ich wurde bereits entlohnt."
Omega war freudig überrascht, als er den Stick wieder einsteckte.
Wir gehen also in den Greif. Die beiden Ganger sitzen an einem Tisch und essen. Am Tresen ein Zwerg mit Schürze und Haube. Er sieht uns einladend an: "Na, was darf´s denn sein?" Norddeutscher Akzent.
"Drei Bier."
"Klar."
Als er am Zapfen war, wurde es Punkt 15 Uhr. "Wir sollen uns bei Ihnen melden."
"Ah, ihr wollt also zu Boris. Die erste Runde geht auf´s Haus." Er stellte ein Bierglas vor Tatze und eines vor Omega. "Und für den großen eine besondere Portion." Ein Schnapsglas.
Ich zuckte nur die Schultern. "Einem geschenktem Gaul..."
Er lachte. "Nein... das war ein Zwergenwitz..." und zapfte mir noch einen ordentlichen Humpen. "Boris erwartet euch draußen."
Auf dem Weg gab mir Tatze sein Bier. Ich schluckte es weg und stellte es im Vorbeigehen auf den nächsten Tisch.
Draußen saß ein blonder Zwerg, sehr adrett mit einem Schnauzer und großem Spitzbart. Vor ihm ein riesiger Teller Fisch und Chips.
"Sind Sie Boris?"
"Ahh, schön, dass Sie gekommen sind. Setzen Sie sich doch."
Russischer Akzent, will sympathisch wirken. Ich setze mich neben ihn und nasche einfach ungefragt von seinem Teller.
Er lacht. "Darf ich Ihnen etwas anbieten?", und zu seinem Kommlink gewandt, "Kim, nimm doch die Bestellung auf."
Aus dem Komm die Antwort "Ja, Meistäh."
Starker norddeutscher Dialekt. Scheint sein Decker zu sein. Kurze Zeit später hatten wir mehr Fisch und Chips auf dem Tisch.
"Ist das Ihre ganze Gruppe?" Boris sah mich lächelnd, aber fragend an.
""Nun, ich weiß noch nicht, worum es genau geht. Die Gruppe ist jederzeit noch erweiterbar."
Er lachte. Sein Lachen zwischendurch ging mir auf die Nerven, schien aber echt zu sein.
"Nun gut, nun gut, es geht um meine Brotdose. Sie ist mir abhanden gekommen." Er wartete kurz. Nachdem ich ihn nur erwartend ansah, fuhr er fort. "Sie wurde mir auf dem Flughafen entwendet. Eigentlich wollte ich sie als Handgepäck mit mir führen, aber sie sagten mir, sie ist zu groß und ich muss sie aufgeben. Also als Gepäck. Da wurden sicher Leute bestochen am Flughafen."
Ein Scherzkeks. Kann noch nicht einmal Tacheles reden, wenn es um den Job geht."Sind Sie sicher, dass die Brotdose überhaupt hier angekommen ist? Vielleicht ist sie schon früher verschwunden."
"Also in Moskau hatte ich sie noch."
Flug Moskau - Frankfurt."Dann bräuchte ich die Nummer Ihres Fluges."
"Weshalb?"
"Um herauszufinden, wie der Weg Ihrer ... Brotdose war."
"Ahh. Wir wissen, wo der Koffer ist."
Ich sah ihn fragend an.
"Vorher müsste ich allerdings wissen, ob Sie den Job annehmen oder nicht."
Ich nickte, die anderen auch.
Er wandte sich an sein Kommlink. "Kim, gibst du unseren Gästen den Geoping?"
"Ja, Meistäh."
"Und die Frequenz des RFID, bitte."
"Kim, ..."
"Kannst du nicht auch mal zwei Knöpfe drücken, Meistäh? Ich bin doch nicht dein Diener..."
Dennoch kam die Frequenz. Der Ort war ein Bürogebäude in einem eher heruntergekommenen Industriegebiet im Westend. Sicherheit von Seiten des Sternschutzes eher so mittel.
Omega räusperte sich: "Wie viel Zeit haben wir?"
"Bis Montag früh. Vermutlich wurde der Koffer von angeheuerten Söldnern geklaut. Was mit ihnen passiert, ist mir eigentlich egal, aber sie sind wahrscheinlich Mitglieder einer Organisation. Wahrscheinlich sind es Orks. Sie wissen ja sicher, dass es in meiner Heimat Probleme zwischen Zwergen und Orks gibt." Er sah kurz zu Omega. "Anwesende natürlich ausgeschlossen."
Nun räusperte sich Tatze: "Was, wenn die Brotdose geöffnet ist oder etwas fehlt?"
"Nun, das ist eine sehr spezielle Brotdose. Am Montag kommt ihr Experte, der sie öffnen will."
"Haben Sie auch ein Bild?", fuhr Tatze fort.
"Kim..."
"Ja, Meistäh." Der Tonfall war leicht genervt. Das Bild eines hochklassigen Sicherheitskoffers erschien.
"Nun, Kim hätte noch eine Bitte.Er möchte lernen und wäre gerne als Zuschauer dabei."
Na prima. Eine Nanny. Aber nachdem dieser Boris mit 2Take ganz eng ist... Sollte Jay entscheiden."Wir können für seine Sicherheit nicht garantieren."
"Er kann auf sich selbst aufpassen."
"Nun, ich bin davon nicht begeistert. Aber ich sage auch nicht nein. Das wird unser Decker entscheiden."
"Gut. Hier ist die Nummer, unter der Sie mich erreichen können."
Ich gab ihm auch eine neue Nummer. Die des Wegwerf-Komms für den Run. Tatze gab ich eines meiner Metalinks. Der hatte keines zum Wegwerfen. Tatze und Omega hatten offensichtlich einiges gelernt. Zumindest stellten sie die richtigen Fragen.
"Übrigens. Boris Martowitsch." Der Zwerg hielt uns die Hand hin. Einer nach dem anderen schlug ein und nannte seinen Straßennamen. "Nun, dann lasse ich sie besser alleine. Die Rechnung am Ende geht auf mich. Bestellen Sie ruhig noch einmal nach."
Nachdem er weg war, kam auch schon die Frage auf "Warum hast du nicht verhandelt, Dekan?"
Ich erklärte die Sache mit dem Müllrun und dass da etwas Lukrativeres zu erwarten ist. "Auf jeden Fall machen wir das heimlich und ohne Leichen. Nicht so wie in Eschwege."
"Eschwege? Sag bloß, ihr ward auf dem Festival?" Omega sah uns an. "Und ich hab mal wieder alles verpasst... aber im Netz sind geile Bilder. Anscheinend hat da jemand Bilder und Trids verscheuert."
Soso, ob das die Geldquelle von Herrn Smiley war?35.b
OmegaDraußen rufe ich Herrn Smiley an. Jetzt nimmt auch jemand ab.
"Deka, was gibts? Willste mich daten oder zum Essen einladen?"
"Deimal darfst du raten."
"Daten?"
"Nein."
"Du willst mich zum Essen ausführen?"
"Nein."
"Du hast einen Job."
"Treffer. Hast du Zeit?"
"Joa, sag an."
"Schmitt hat guten Leumund. Will das Ganze heimlich durchziehen. Nur 2k für jeden. 2 Tage Arbeit. Wir werden vermutlich angetestet. Ist noch mehr Arbeit in Aussicht."
"Klingt gut, bin dabei. Worum gehts?"
"Lass uns treffen."
"Klar, komm nach Hanau."
"Nein, komm lieber hierher." Ich schicke den Geoping vom Äppelwoi Wagner in Sachsenhausen. "Wann kannst du da sein?"
"Eine Stunde."
Alles klar. Nach dem Telefonat dann Frau Urbani, Chenji, Kaede, wie immer sie sich gerade nennt... Auch sie war da und kommt direkt zum Wagner.
Mit Tatze und Omega, der mir mit seinem Bulldog folgte, kamen wir um 16.30 am Wagner an. Ausgemacht war fünf. Drin steuere ich automatisch den leeren Stammtisch an und setze mich. Ich musste mich schon zusammenreißen, nicht automatisch "Becky, Schätzchen, einmal das Übliche" Richtung Theke zu raunzen. Wir saßen gerade als Becky auch schon auftauchte.
"Ähm, entschuldigung, hier ist ein Stammtisch. Könnten Sie sich bitte an einen anderen Tisch setzen?"
"Oh, natürlich."
Wir setzten uns um. "Was darf ich Ihnen bringen?" Ich bestellte mir den üblichen Pitcher Äppelwoi und Handkäs mit Musik. Danach saßen wir gelangweilt rum. Omega wirkte irgendwie beschäftigt.
"Tatze, Lust auf eine Partie Dart?"
"Naja, ich spiele lieber Ball."
"Fußball, Handball, Basketball?"
"Ne, so Ball suchen, Ball holen und so."
Ich stutzte kurz. "...und Stöckchen, nehme ich an...?"
"Woher weißt du das?!"
Naja, wir warfen eine Runde. Der Magier war ganz schön schwer zu besiegen. Als Chenji immer noch nicht da war, gab es noch eine Revange. Diesmal besiegte Tatze mich sogar... Wow. Während des Games kam Chenji. Nachdem sie mit Becky eine freundliche Begrüßung ausgetauscht hatte, kam sie zu uns.
"Wir können nach unten."
"Wir sind noch nicht vollzählig."
"Ah, naja, ich mache es mir schon einmal unten auf der Couch gemütlich."
Rechtzeitig zu meiner Niederlage erschien Herr Smiley. "Der hat doch sicher beschummelt und die Darts levitiert oder so."
Wie dem auch sei, wir gingen alle runter. Mit der Tür schloss sich auch der Faradaysche Käfig, was bei Herrn Smiley zu sichtlichem Unwohlsein führte. Wir erörterten die Lage. Herr Smiley war komplett dagegen, diesen Kim mitzunehmen. "Ich lasse mir doch nicht in meine Tricks reinschauen!"
"Musst du auch nicht. Du kannst gerne Nein sagen. Aber wenn du ihm einige deiner Tricks verkaufen willst, ist das deine Sache. Das geht mich nichts an."
Die Aussicht auf Geld hat ihn überzeugt. Kim darf mit.
Auf der Fahrt Richtung Westend bzw. Rödelheim ging Herr Smiley in die Matrix, um uns Pläne zum Gebäude zu besorgen. Ich rief die Nummer an, die Boris uns gegeben hatte. Statt Boris´ Stimme hatte ich ein Strichmännchen-Avatar und eine Computerstimme dran. Kim. Ich machte mit ihm aus, dass Herr Smiley sich bei ihm meldet. Ich ließ das Rhuthenium-Polymer eine typisches Baustellenfahrzeug anzeigen. Hochtief. Bekannte Baufirma. Nichtssagende Fassade. Dann parkte ich an der großen Baustelle hinter dem Bürogebäude an der Gaugrafenstraße. Für Chenji, die mit ihrem kleinen Flitzer im Wohngebiet im Zentmarkweg parkte, ließ ich zwei meiner Kanmuchis raus. Sie sollte sie abholen und in der Nähe des Bürogebäudes absetzen. Das Gebäude war eingerahmt von der Gaugrafenstraße hinten, der Seegewann vorne, einigen kleinen Firmen wie ´merz property GmbH&Co´ und ´Vintage Consult´. Auf der anderen Seite ein altes Wohnhaus, das vermutlich zu ´Uhle + Wolf Gerüstbau´ gehört, das über der Seegewann lag. Auf den Häusern rund um das Bürogebäude brachte ich vier Fly-Spys in Stellung. An der Frontseite von der Seegwann aus noch eine fünfte als Reserve. Dann waren meine Kanmuchis auch schon geliefert. Die eine geparkt, die andere die Wand hoch aufs Dach. Lüftung suchen. Gab auch eine. Da das Gebäude alt war, war die Lüftung nicht gegen Minidrohnen gesichert. Ich ließ sie hinein krabbeln. Etwa hier war Herr Smiley wieder ansprechbar und hatte die Pläne. Mit deren Hilfe konnten wir die Räume im OG des einstöckigen Gebäude identifizieren. Im Gang entdeckten wir eine Dobermann Drohne mit einer Colt M23. Sturmgewehr. Alles klar. Zudem bewacht es genau den Gang, durch den man müsste, um die einzigen beiden Räume zu betreten, die ich nicht ausspionieren konnte. Laut Plan der Server- und der Überwachungsraum. Leute waren keine zu sehen. Der Sicherheitskoffer auch nicht. Nebenbei nahm ich zur Kenntnis, dass Kim nun auch da sei. Auch mit einer Drohne. Wohl auch eine Spy-Fly. Außerdem kletterte Chenji, die sich von Tatze hat unsichtbar machen lassen, gerade aufs Dach und wollte oben eine Gelegenheit suchen, eine Datenwanze anzuklemmen. Das Gebäude hatte einen Host und eine nicht zu unterschätzende Sicherheit. Zumindest laut Smiley. Draußen gab es nichts. Sie entdeckte eine Gelegenheit, im Treppenhaus, unter dem Dachfenster, einen Kasten öffnen zu können.
"Warte kurz, ich laufe mit der Drohne im Belüftungssystem zum Treppenhaus und stehe Schmiere. Gesagt, getan. Ich behielt den Feed im Auge, während Chenji einbrach und ließ meine zweite Kanmuchi Richtung Seegewann seitlich am Bürogebäude vorbeilaufen. Dauert. So eine Kanmuchi ist echt lahm. Dafür aber extrem unauffällig. Inzwischen hatte Jay Smiley schon längst Tokens auf meine Drohnen bekommen. Nicht dass er sie wieder hacken muss wie in Eschwege... Endich kam ich an den Rolltoren zur Tiefgarage im Keller an. Da waren Lücken, durch die konnten sogar Katzen oder Teufelsratten. Drin war es genauso dunkel wie im Treppenhaus. Zum Glück konnte ich die Kameras meiner Kanmuchis noch mit Restlichtverstärkung ausstatten, wenn schon kein Platz mehr für ein Mikro war. Die Garage war leer. Abgesehen von einem Ares Roadmaster... Also doch Personal vor Ort. Nicht nur Drohnen und Sicherheitssysteme.
35.c
Über meine Kanmuchi in der Parkgarage konnte ich eine Aufschrift auf dem schwarzen Roadmaster erkennen. Werbung für eine Sicherheitsfirma namens ´Stahlriegel´ nebst zugehöriger Kommnummer. Gab ich selbstverständlich an Jay weiter. Der war allerdings erst noch beschäftigt mit der Datenwanze, die Chenji im Bürogebäude angebracht hatte. Es stellte sich heraus, dass er nun alle sechzehn Dachfenster nun bedienen konnte. Er fabulierte darüber, dass in diesem Gebäude woh eine ´Kabelmatrix´ liegen würde, etwas, was heute eigentlich keiner mehr macht, weil viel zu teuer. Im Prinzip nur noch Hochsicherheitseinrichtungen. `Gekapselt ´nannte er das. Chenji gab durch, dass sie auf dem Dach einige Kameras ausgemacht hatte. Kameras. Mehrzahl. Von unten aus betrachtet sah man an dem ganzen alten verlotterten Bau nur eine einzige Kamera und die war am Haupteingang. Nur an den Nachbargebäuden gab es noch zwei oder drei Kameras, in deren Pegel wir kommen könnten.
Das war schon ein merkwürdiges Haus. Von außen uralt, aber anscheinend hatte es innen harte Sicherheitstechnik. Vielleicht ließ sich über die Sicherheitsfirma mehr herausfinden. Möglicherweise lagen dort Daten über diesen Auftrag herum. Jay Smiley machte sich in der Matrix auf den Weg. Wir spannen so lange herum, wie wir die Sache angehen würden. Gas über die Belüftung, Ablenkungen durch Abriss-Bulldozer oder Gangs. Zumindest war klar, dass der Schaltraum im Erdgeschoss ein Ziel sein könnte. Dort hätte Jay direkten Zugang zum Host, an den er physisch musste, das Belüftungssystem wurde von da aus gesteuert und möglicherweise konnten wir von dort aus über Sicherungen die Elektrik steuern.
Jay hatte erste Infos über die Sicherheitsfirma ´Stahlriegel´. Sie würden Situationen schnell eskalieren lassen. Manche schreckt das ab, andere engagieren sie gerade deswegen. Zudem erledigen sie ihre Aufträge zuverlässig. Klingt nach Profi. Das wurde auch untermauert, als um 19.30 Uhr ein Ork mit Panzerjacke und Helm unter seinem Arm aus dem Kontrollraum kam. Er verschwand durch die Sicherheitstür Richtung Treppen und Aufzug und kam nach fünf Minuten wieder. Dass er offensichtlich eine Cyberhand hatte oder Cyberaugen irritierte mich weniger als sein geschmeidiger und kraftvoll bestimmter Gang, der auf verstärkte und gestraffte Muskeln hinwies. Bewaffnet war er mit einer Pistole und einer MP. Zumindest passten die Puzzleteile zusammen. In der Tiefgarage ließ ich meinen Krabbler Richtung doppelflügliger Feuer- und Sicherheitstür laufen und ging mit etwas Abstand, so dass sie mich nicht erwischen kann, wenn sie geöffnet wird, in Stellung. Stück für Stück reinarbeiten.
Chenji war wohl unterwegs, denn als sie berichtete, dass die Bestellung heute Nacht abgeholt werden könne, nahm sie unsere Essensbestellung auf. Einfach eine prima Sache. Chenji hat Zugang zu guten Schiebern. Mir konnte sie auch schon recht schnell Plastiksprengstoff besorgen. Mit dem Neurostun hatten wir eine gute Chance, die Wachen schnell auszuschalten. Um 20.45 Uhr ein weiterer Ork. Mit Datenbuchse, Panzerjacke, Pistole. Richtung Treppe, Aufzug, nach fünf Minuten wieder zurück.
Herr Smiley meldete sich mit neuen Informationen: ´Stahlriegel´ würde keine Werbung machen, es gibt keine Infos oder Angaben zu Klienten auf den Schattenboards. Nur Hinweise darauf, dass sie Söldner anheuern. Das wies auf organisierte Kriminalität hin. Ein fester Auftraggeber. Nachdem es eine russische Sache war, lag die Vory nahe. Sagte mir allerdings nichts in diesem Zusammenhang. Zumindest hat uns Boris Martowitsch, unser Auftraggeber in dieser Sache nicht belogen.
Nachdem Nina um 21.30 Uhr mit dem Essen auftauchte und wir noch etwas über die Planung berieten, beschlossen wir doch, Schluss zu machen. Um uns Fahrtzeit zu sparen, bot uns Chenji einen Unterschlupf an. In Frankfurt-Hausen. Peter Zeger Straße. Unterschichtgegend. Auf dem Klingelschild stand ´Kokoku Nashi´.
Beim gemeinsamen Frühstück am Sonntag um zehn fabulierten wir darüber, wer infiltrieren könnte. Da es sich laut Schmitt aka Martowitsch um eine rein orkische Gruppe handeln solle, kam nur Omega in Frage. Kurze Zeit später gab es ihn doppelt! Tatsächlich war Chenji ins Bad verschwunden und kam als Omega zurück. An der Kleidung kann man noch arbeiten, aber jedes Piercing, Kettchen oder Ohrring war perfekt kopiert! Allerdings nicht mit echtem Schmuck, sondern Attrappen. Täuschend bis hin zur Stimme. Wir lasen die Daten der Kanmuchis aus. Insgesamt waren wohl fünf Orks im Überwachungsraum. Alle waren ein- bis zweimal kurz weg. Zwei allerdings jeweils eine knappe Stunde...
Jays Komm klingelte. "Mein Kontakt ist dran. Hat wohl weitere Infos über diese Firma ausgraben können.
35.d
Die Gründer von Stahlriegel haben alle Bundeswehrvergangenheit. Ihr Vertrag ist sei ausgelaufen und sie hätten nicht verlängert. Vor vier Jahren haben sie sich also mit dieser Firma selbstständig gemacht. Sie suchen Leute, die es mit dem Gesetz nicht so ernst nehmen. Sie sind so erfolgreich, dass sie vor einem Jahr eine Art Tochterfirma namens Talida in einem eigenen Bürogebäude aufgemacht haben, die als Scam Tech-Support liefert. Nun ja, sie hatten einmal ein Problem mit dem Gesetz. Eine Mordanklage. Fallen gelassen wegen Mangel an Beweisen. Ein Zeuge ist nicht zum Gerichtstermin erschienen. Zum momentanen Auftrag gebe es einen Zahlungseingang auf ein offizielles Stahlriegel-Konto über 20k von einer Briefkastenfirma namens Leuchtkäfer AG aus Russland.
Mit Chenji und Omega waren wir schon zu dritt, die Ahnung von Verkleiden hatten. Chenji sah nun aus wie Rudi Roller, der Hausmeister des Bürogebäudes von Talida. Von ihm und der CEO hatten wir Fotos und Daten. Ich war quasi noch im Planungsmodus, aber alle anderen packten bereits ihre Sachen und es ging los.
Kokoku Nashi. Keine Werbung. Für die meisten wird das wohl erstmal als Name durchgehen. Ich schüttelte meinen Kopf. Auf solche Ideen muss man erst einmal kommen. Wir fuhren mit drei Wägen in die Wolf-Heidenheim-Str. Dort stiegen alle zu mir um. Tatze machte sich selbst, Jay und mich unsichtbar. Ich war etwas überrascht, aber klar. Wir hatten einen bzw. eigentlich zwei grobe Pläne und ab dem Erstkontakt wird sowieso improvisiert. Also fuhren wir alle mit dem Bulldog in von hinten an das Bürogebäude in die kleine Seitengasse. Bodenluke auf, wir drei unsichtbare raus. Ran an die erste Kamera am Nachbargebäude. Über meinen Ultraschall hatte ich alle im Auge. Ich hob bei `Vintage Consultant` Jay hoch und er nestelte an der Außenkamera herum.
Selbes Spiel dann am Haupteingang des Bürogebäudes. Glücklicherweise war heute, am Sonntag, auch am helligsten Tag nichts los und bisher gab es keinen Alarm, obwohl wir durch den Sichtbereich der Kamera an die Kamera ran mussten. Während ich Jay so hielt, ließ ich meine Kanmuchi im Obergeschoss an die untere Ecke der Tür zum Sicherheitsraum krabbeln. Zumindest der patroullierende Dobermann hat es nicht gemerkt. Den Feed legte ich mir in meine Bildverbindung. Zumindest sehe ich so, wann der Spaß losgeht.
"Ok, Kamera ist aus, wir könnten rein."
"Hast du die Schlösser?"
"Moment."
"Hey, wo seid ihr?" Chenji als Rudi Roller stand zusammen mit Omega als Ork-Leibwache unten am Rolltor zur Tiefgarage.
"Wir sind noch oben. Kommen gleich."
"Mist, hat nicht geklappt mit den Schlössern."
Als wir runtergingen, fielen mir in der Tiefgarage sofort zwei Spy-Flies auf, die vom Roadmaster her kamen. Vermutlich lag das an meinem Ultraschall. Ich machte meine Kameraden darauf aufmerksam.
35.e
Als ´Rudi Roller´ den Wagenheber und das Stemmeisen auspackt, gehe ich langsam zu ihm und behalte die Fly-Spies im Auge. "Kann ich helfen?" Gleichzeitig heult Tatze auf.
"Übernimm du das." Roller zieht sein Wakizashi, ein japanisches Kurzschwert, das auch ein magischer Fokus ist.
Geister!.
Tatze bestätigt sogleich: "Da sind Geister, kann ich Unsichtbarkeit abbrechen?". Seine Stimme ist durchzogen von Stöhnen.
Omega: "Ich seh sie nicht." Zieht seine Pistole und geht in Deckung.
Tatze jault auf. Ich knacke mit dem Stemmeisen die Verriegelung des Rolltors auf.
Das war es dann wohl mit heimlich. Kein Plan übersteht den Erstkontakt.Tatze fällt um.
Roller: "Tatze is down.". Zieht ein Patch.
Ich schiebe das Rolltor nach oben, muss es aber oben halten, da es anscheinend kein Gegengewicht gibt. "Ich hab Stim-Patches." Haue auf die unterste Querstrebe des Rollgitters, so dass es verkantet.
Omega geht rein, wechselt seinen Streifen und geht an der Ecke zur Feuertür in Deckung.
Von Jay: "Decker down."
Also stehen wir astral wie in der Matrix unter Beschuss. In beiden Fällen kann ich nichts tun. Ich gehe zu Omega rein und wechsle den Streifen in meiner Kiddie. Gebe Omega mit MilSpec Handzeichen zu verstehen, dass um die Ecke zwei Kameras sind. Zumindest laut Plan.
Omega schießt. Auf seiner Ares Predator V ist leider kein Schalldämpfer.
Ich stecke den neuen Streifen ein, schaue Omega an, lege meinen Zeigefinger an die Lippe, stelle über Smartgun den Feuermodus um und zerschieße die Kamera im Rückraum der Tiefgarage. Kiddie ist zwar ein Sturmgewehr, aber Yamaha hat bei den Raiden standardmäßig Schalldämpfer eingebaut.
Tatze ist wieder bei Bewusstsein. Ob die Unsichtbarkeit noch steht? Da ich gerade mit Ultraschall wahrnehme, weiß ich es nicht.35.f
Jay SmileyNachdem er aber auf mich reagiert hat und er weder Ultraschall noch astrale Wahrnehmung hat, ist der Zauber wohl durch. Tatze jault auf und fällt wieder um.
Magier down, jetzt wird´s kritisch. Ich gehe ums Eck, zerschieße die zweite Kamera am Zugang von der Tiefgarage in das Gebäude, schalte auf internen Lufttank um. "Besser Gasmasken auf." Gleichzeitig sehe ich über den Feed der Bildverbindung, wie oben am Sicherheitsraum die Türe aufgeht. Die Kanmuchi schwenkt an der unteren Türecke in den Raum. Zwei der Orks rennen raus, drei weitere sind im Raum. Einem läuft Blut aus der Nase, einer sitzt vor den Monitoren, steuert vermutlich Drohnen, einer gruschelt irgendwas vor sich hin. Nicht erkennbar, weil ich ihn nur von hinten sehe.
Omega zerschießt eine der Fly-Spies, die inzwischen wieder in die Tiefgarage zurückgeflogen kam.
Als ich die andere zerschieße, gebe ich durch: "Zwei unterwegs."
Omega: "Nehm wer die zwei hier unten in Empfang? Was ist mit dem Geist? Ist Tatze in Ordnung?"
Alles gute Fragen, aber es geht im Moment um jede Sekunde. Zur Not muss ich schnell nach oben und mindestens den Magier ausschalten. Aber zuerst trete ich die Feuertür vor mir auf. Sie gibt beim ersten Tritt nach. Ich schubse die beiden Flügel zur Seite.
Omega schließt auf. "Das beantwortet fast alle Fragen."
Aus dem Treppenhaus Laufgeräusche.
Mit Glück lassen wir sie hier in einen Hinterhalt laufen. Über meinen Feed sehe ich, wie der Rigger aufsteht und die Tür zum Sicherheitsraum schließt.
Einer der Orks kommt aus dem Treppenhaus, sieht uns und verschwindet um eine Ecke. Ist nicht mehr zu sehen.
Die Computerstimme von KIM: "Er steht direkt um die Ecke."
Chenji: "Großer, kannst du Orks tragen?"
Jay: "Ich kann ihn in Sicherheit bringen."
Ich laufe an die Ecke, stelle auf AM um, ziele und schieße 6 Kugeln in den Ork.
Drek. Noch normale Mun drin. Wollten doch keinen umbringen. Glücklicherweise steht er noch. Gerade so, wie es aussieht.
Omega weicht einem Schuss vom zweiten Ork aus, der gerade aus dem Treppenhaus kommt.
Ich werfe über die Smartgun den Streifen aus, stecke einen neuen mit Gel-Mun ein, schieße weitere 6 Schuss in den Ork vor mir, was ihn umhaut und sage zu ihm auf russisch: "Gib auf."
Omega zieht sich zurück, weicht einem Abfangversuch des anderen Orks aus, geht an der Ecke in Deckung und feuert noch einmal. Treffer.
Ich rotze dem zweiten 10 Schuss in den Rücken. Er fällt.
Der Ork am Boden: "OK, ich ergebe mich." Und schiebt seine Schrotflinte weg.
Ich hebe den Ladestreifen auf, gehe zur nächsten Ecke, wobei ich im Vorbeigehen in die Kamera schaue mit den Worten "Pass auf ihn auf." und zerschieße die Kamera, die den Bereich vor dem Technikraum im Auge hat.
Besser, wir fluten noch das Gebäude mit Neurostun bevor neue Geister auftauchen.Der Ork am Boden gibt auf deutsch laut und deutlich über Funk durch: "Es ist aus. Wir haben verloren. Wir geben auf."
Chenji schließt auf, (russisch): "Hier noch Kamera.", und deutet auf die Cam, die den am Boden liegenden Ork im Auge hat.
(Russisch) "Zur Überwachung." Ich trete die Tür zum Technikraum auf. Vor mir fährt ein Azzy Crawler in den Stand-by.
Ein Schuss hinter mir. Chenji geht im Technikraum in Stellung.
"Ich gehe hoch. Auf mein Kommando flutest du." Unterwegs sammle ich Omega ein. In der Kamera ein Einschussloch. Omega kann wohl kein russisch. Treppenhaus hoch. Vor mir öffnen sich die Türen. Scheinen aufzugeben, aber man muss immer auf einen Hinterhalt gefasst sein. Im Technikraum hatten bereits alle die Hände erhoben. (russisch) "Ihr seid Diebe im Gesetz. Wir wissen, wer ihr seid. Baut keine Scheiße und keinem passiert etwas. Wo ist der Koffer."
Der Magier antwortet, ebenfalls russisch mit deutschem Akzent: "Im Tresor, der Code ist..."
Ich winke mit Kiddie, mit der ich ihn die ganze Zeit im Visier hatte. "Du gehst voraus und öffnest."
Er ging voraus, in den Eckraum, von dem wir wussten, dass darin der Tresor ist. Er öffnet ihn. "Ist da eine Sprengfalle drin?" Er verneint. Ich überprüfe. Nichts zu sehen. Ich lasse Kiddie in den Gurt fallen und ziehe die Walter Secura II mit Schalldämpfer. Entnehme den Koffer. Schwer. Etwa 50 kg. "Du wirst uns astral nicht verfolgen." Er nickt.
Wir gehen. Lassen die Ausrüstung des Gegners unangetastet. Sogar den Roadmaster. Chenji bestätigte, dass wir astral nicht verfolgt werden. Ich sammle neben der Kanmuchi an der Tür zum Sicherheitsraum und aus dem Parkhaus noch die Fly-Spies ein. Dauert etwas. Der Gegner hält still. Erst einmal zurück zum Unterschlupf.
35.g
Während der Rückfahrt schminkte ich mich ab und zog mich um. Chenji kümmerte sich um Tatzes Wunden. Währenddessen meldete sich KIM im WAN. "Wünschen Sie, dass ich den Peilsender erst einmal ausstelle? Oder soll ich es lieber lassen?"
Es war gut, diesen merkwürdigen Decker mit seiner Computerstimme dabei zu haben. Wir ließen ihn das Signal abstellen.
"Darf ich Ihnen noch eine persönliche Frage stellen?" Er durfte. "In 80% solcher Fälle werden die Kombattanten getötet oder verwundet. Sie dagegen haben sich entschieden, ihre Gegner am Leben zu lassen. Könnten Sie mir das erklären?"
"Nun ja", begann ich, "das ist gar nicht so einfach. Zum einen kann ich dieser Leute ganz gut verstehen. Sie machen im Prinzip das Gleiche wie ich. Dann wissen wir, dass eine Organisation hinter ihnen steht. Mit der müssen wir uns nicht unbedingt anlegen. Die ´Wahrheit´ liegt da irgendwo dazwischen."
Omega fuhr fort: "Ihre Seele war noch nicht so weit, vom Fährmann in den Hades gebracht zu werden. Ich hatte das Gefühl, dass die noch irgendwas im Leben zu tun hätten."
Omega glaubt.Ich holte das Fairlight aus der faradayschen Tasche meines Mantels von Mortimer und lies es über gedankliche Befehle Schmitt aka Boris Martowitsch anrufen. Der Zwerg meldete sich sofort. Er konnte um 19.00 Uhr im ´Greif´ sein. Damit mussten wir noch drei Stunden überbrücken.
Chenji und Tatze stiegen bei "Keine Werbung" aus und nutzten den Unterschlupf. Omega stieg auf sein Motorrad um. So war nur noch Jay Smiley bei mir. Ich hielt die Brotdose durch einen Ausflug in den Odenwald in Bewegung, so dass sie uns wesentlich schwerer wieder abgenommen werden könnte. Lieber wäre es mir gewesen, die magische Unterstützung wäre weiter im Bulldog geblieben, allerdings stand es um Tatze laut Chenji nicht gut.
Also erst einmal spazieren gefahren. Dabei Kontakt mit 2Take aufgenommen und einen Schalldämpfer für die Ares Predator V bestellt. Er schaut sich um. Viertel vor sieben vor dem Greif geparkt. Omega dreht auf seiner Maschine Runden in der Nähe, um die Gegend im Blick zu behalten. Um 18.59 Uhr parkt der gleiche gemietete SUV, den Boris schon bei der Anwerbung hatte und er stieg aus. Wir ebenfalls.
"Pünktlich, wie es sich gehört."
Der Pavillon war außer uns leer. Anscheinend hatte Martowitsch alles vorbereitet. Boris holt aus der Brotdose einen Credstick. Wir waren etwas neugierig und lehnten uns zur Seite, um bei der Entnahme hineinzusehen. Es waren Cyberbeine. Er lachte über unsere Neugier und erläuterte, dass das neueste Technik sei, die man in Russland nicht bekommen könne. Warum er sie aus Russland mitgebracht habe, wäre eine lange Geschichte. "Leider musste ich meine Pläne ändern. Geplant war noch die Begleitung des Koffers und eventuell noch ein zweiter Transport. Laut KIM habt ihr gute Arbeit geleistet." Er übergab mir den Credstick. Ich steckte ihn in mein Metalink, um ihn zu checken. 50k! Ich musste mich zusammenreißen, mir nichts anmerken zu lassen. "Ich hoffe, ich kann wieder über sie verfügen, wenn ich wieder in der Stadt bin."
"Es ist eine Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten."
Beim anschließenden Small-Talk lies Boris Martowitsch durchscheinen, dass sein Bruder der Grund der Planänderung wäre. Wir verabschiedeten uns voneinander.
Anschließend meine Chummer angerufen. Treffen uns morgen um 17.00 Uhr im Äppelwoi Wagner. Ich war spät dran, weil Parkplatz eine Hölle war. Anscheinend waren die Nachmittags-Leute noch nicht weg und einige begannen ihren Abend etwas früher. Egal. Zumindest war der Schalldämpfer da. Im Wagner traf ich Jay Smiley und Omega. Jay war am Futtern. Omega meinte gerade, die anderen wären schon unten und würden warten. Anscheinend hatte Chenji den Raum gemietet.
Beim Vorbeigehen sprach mich Becky-Schätzchen an. "Was darfs denn sein, Großer?"
Ich musste mich wieder zusammenreißen, nicht "Becky-Schätzchen, das Übliche." vor mich hin zu knurren, sondern eloquent einen Bembel Äppler und eine Portion Handkäs mit Musik zu bestellen. Irgendwie sah sie mich schief an.
Als wir nach hinten gingen, öffnete ich den anderen beiden die Türe in den Keller. "Geht schonmal runter, ich komme gleich nach." Als sie nach unten gingen, schloss ich die Türe wieder und klopfte einige Meter weiter an der Bürotüre von Herrn Takeshi. "Hai", hörte ich von drinnen. Zwei Bodyguards. Kurzes Aufblitzen von Hoffnung, vielleicht Goliath wiederzusehen. Vielleicht wüsste der was Aktuelles von Navy oder Mileilee, wie sie sich jetzt nannte. Doch kein Troll zu sehen.
"Wie ich höre, haben Sie hervorragende Arbeit geleistet."
"Ihre Anfrage war deutlich. Keine Fehler. Ich versuchte, alles doppelt abzusichern. Es wurde auch Zeit, dass wir unseren Ruf wieder etwas aufpolieren."
Herr Takeshi nickte. Wir verstanden uns. "Ihre Bestellung."
Er legte einen Schalldämpfer in einer Plastikfolie eingepackt auf seinen Schreibtisch. Ich einen Credstick. Er zog Geld herunter. Ich steckte ihn wieder ein und nahm den Schalldämpfer mit. Unterwegs checkte ich meinen Stick. Er hatte 800 entnommen. Nun gut. Er wird seine Gründe haben.
Im Keller führte uns Chenji die neuesten Nachrichten vor. Es gab eine Explosion. Das Büro der Firma Stahlriegel im Hochhaus ist explodiert. Es gab keine Verletzten oder Toten. Der Brand wütete heute morgen um null-zweihundert. Sehr interessant.
Ich überwies jedem 10k. Alle waren positiv überrascht. Für Omega legte ich noch den Schalldämpfer drauf. "Für das nächste Mal."
Chenji und Jay gingen. Tatze und Omega konnte ich noch überreden, mit in die ´Heiße Ritze´ zu kommen. Da war heute Wrestling. War wieder groß im Kommen. Dummerweise mussten wir unsere Waffen draußen lassen. Nachdem wir durch den Laden mit sabbernden Männern an den Pole-Tischen gegangen waren, kamen wir an eine Tür mit Bodyguard. Dahinter dann ein Raum mit einem Ring in einem Käfig. Cage-Fight! Darkman vs. Hitman. Ein Klassiker! Darkman hatte sein großes Comeback! Die anderen beiden konnten nur bedingt etwas mit Wrestling anfangen. Tatze stand auch nicht auf Hundekämpfe oder so etwas. Der wollte nur Stöckchen holen. Naja, kann eben nicht jeder Stil haben.